Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Festsetzung von Ordnungsgeld bei kurzfristigen einseitigen Absagen des Umgangs
Leitsatz (amtlich)
Bei hochgradig zerstrittenen Eltern, die nicht in der Lage sind, im Sinne ihrer Kinder vernünftig zu agieren, ist auf die Einhaltung gerichtlicher Regelungen besonders zu achten. Liegt eine gerichtlich verbindliche Umgangsvereinbarung ohne Urlaubsregelung vor und haben sich die Eltern wegen eines beabsichtigten Urlaubs eines Elternteils insoweit außergerichtlich nicht einvernehmlich abweichend davon geeinigt, sind Verstöße gegen die gerichtliche Regelung grundsätzlich mit den entsprechenden Mitteln zu ahnden.
Normenkette
FamFG § 89
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 638 F 3208/22) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 3. August 2023 geändert.
Gegen die Antragsgegnerin wird ein Ordnungsgeld i. H. v. 50 EUR und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.
Die gerichtlichen Kosten des Ordnungsmittelverfahrens erster Instanz werden der Antragsgegnerin auferlegt. Für das Beschwerdeverfahren fallen gerichtliche Kosten nicht an (Ziff. 1912 KV FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen trägt jede/r Beteiligte/r selbst.
Gründe
I. Zu entscheiden ist über die Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen ausgefallener Umgangskontakte zwischen dem Antragsteller und seinem zweijährigen Sohn A., der bei der Kindesmutter (Antragsgegnerin) lebt.
Die Eltern haben den Umgang des Vaters mit A. im Anhörungstermin vor dem Amtsgericht am 10. Februar 2023 durch gerichtlich gebilligten Vergleich geregelt. Demnach hat der Vater das Recht, alle 14 Tage von freitags, 9.00 Uhr, bis sonntags, 17.00 Uhr, sowie jeden Mittwoch von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr mit A. Umgang zu pflegen. Eine Ferienregelung haben die Beteiligten nicht vereinbart. Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf das erstinstanzliche Anhörungsprotokoll der Hauptsache vom 10. Februar 2023.
Der Kindesvater hat mit Schreiben vom 17. Mai 2023, eingegangen beim Amtsgericht am 24. Mai 2023, die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Kindesmutter beantragt, da ihm der Umgang am 17. und 24. Mai 2023 verweigert worden sei. Er habe am Vormittag des 15. Mai 2023 eine Mail vom Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter erhalten, in dem dieser den Umgang abgesagt habe, weil die Mutter mit A. im Urlaub sei.
Die Kindesmutter hat insoweit eingewandt, die Urlaubsmöglichkeit habe sich sehr kurzfristig ergeben. Sie habe zudem Ersatztermine angeboten, die zwischenzeitlich auch gefunden worden seien.
Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 3. August 2023, auf den der Senat Bezug nimmt, den Ordnungsgeldantrag des Kindesvaters zurückgewiesen und ihm die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die formalen Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsmitteln seien erfüllt. Es liege jedoch keine schuldhafte Zuwiderhandlung vor. Die Kindesmutter habe Gründe i. S. v. § 89 Abs. 4 FamFG vorgetragen, aus denen sich ergebe, dass sie die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten habe. Das Kind lebe im Haushalt der Kindesmutter und habe das Recht, mit der Kindesmutter als Hauptbezugsperson in den gemeinsamen Urlaub zu fahren.
Gegen diese Entscheidung hat der Kindesvater form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er führt an, es gehe nicht darum, dass er nicht grundsätzlich bereit sei, die ihm ausweislich der getroffenen Vereinbarung zustehenden Umgänge abzuändern, damit A. mit der Kindesmutter auch in den Urlaub fahren könne. Es gehe darum, dass er es nicht hinnehmen müsse, wenn die Kindesmutter nur 48 Stunden vor dem Umgangstermin schlicht durch ihre Mitteilung den Umgang vereitele. Eine Zuwiderhandlung sei ein Verhalten, das im Widerspruch zu der sich aus dem Titel ergebenden Verpflichtung stehe. Der Verpflichtete trage die Feststellungslast dafür, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten habe. Verschulden bedeute im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Hier sei es unzweifelhaft so, dass die Kindesmutter vorsätzlich gegen die Vereinbarung verstoßen habe. Sie habe schlicht beschlossen, in den Urlaub zu fahren und zwei Umgangstermine des Kindesvaters damit zunächst notwendigerweise entfallen zu lassen. Wenn die Kindesmutter mit A. in den Urlaub fahren möchte und dafür Umgang mit dem Kindesvater ausfallen müsse, werde, bei allen Widrigkeiten auf der Kommunikationsebene der Kindeseltern, eine einvernehmliche Entscheidung über die Abänderung der Umgangskontakte notwendig sein. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Beziehung der Kindeseltern hochkonflikthaft sei, sei es erforderlich, dass die getroffenen Regelungen möglichst präzise eingehalten werden, um weitere Konflikte zu vermeiden.
Die Kindesmutter verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Das Amtsgericht hat der...