Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung von Ordnungsgeld bei wechselseitigen elterlichen Verfehlungen.

 

Leitsatz (amtlich)

Setzen beide Kindeseltern ihren Machtkampf untereinander zu Lasten des Umgangs der Kinder mit dem Vater bis an die Grenze der wechselseitigen Schikane fort und wird in der Gesamtschau deutlich, dass beide Elternteile jeweils auf ihre formale Rechtsposition pochen und nicht bereit sind, zugunsten des Rechts der Kinder auf Umgang mit dem Vater flexibler zu agieren, rechtfertigt dies nicht, bei Verstößen gegen eine gerichtlich gebilligte Umgangsregelung von Ordnungsmitteln abzusehen.

Vielmehr ist gerade bei derartig zerstrittenen Eltern, die nicht in der Lage sind, im Sinne ihrer Kinder vernünftig zu handeln, auf die Einhaltung gerichtlicher Regelungen besonders zu achten. Andernfalls wären solche obsolet.

Im Rahmen vereinbarter Telefonate hat der umgangspflichtige Elternteil nicht nur die telefonische Erreichbarkeit der Kinder sicherzustellen, sondern auch für eine ungestörte Umgebung bzw. Atmosphäre Sorge zu tragen hat, in der ein gute Verständigung ohne ablenkende Umstände möglich ist.

 

Normenkette

FamFG § 89 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 621 F 1822/22)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers (Kindesvaters) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 15. September 2022 geändert.

Gegen die Antragsgegnerin (Kindesmutter) wird ein Ordnungsgeld i.H.v. 150 EUR und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für jeweils 50 EUR ein Tag Ordnungshaft festgesetzt.

Die gerichtlichen Kosten des Ordnungsmittelverfahrens erster Instanz werden der Antragsgegnerin auferlegt. Für das Beschwerdeverfahren fallen gerichtliche Kosten nicht an (Ziff. 1912 KV FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen trägt jede/r Beteiligte/r selbst.

 

Gründe

I. Zu entscheiden ist über die Festsetzung von Ordnungsmitteln wegen Verstoßes gegen eine gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung.

Die beteiligten Kindeseltern haben im erstinstanzlichen Anhörungstermin am 18. Juli 2022 den Umgang des Kindesvaters mit den beiden gemeinsamen Söhnen E., geb. 2013, und K., geb. 2019, durch Vereinbarung geregelt. Ziffer 1. dieser Vereinbarung lautet:

"Die Kindeseltern sind sich darin einig, dass dem Vater, der sich zurzeit in Hamburg aufhält, die Möglichkeit gegeben werden soll, noch in der ersten Ferienzeit in Niedersachsen Umgang mit den beiden Söhnen zu haben. Sollte in dieser Woche, vom 18.07. bis zum 23.07.2022, der Pass K.s bei der Mutter eingehen, wird sie den Vater sofort verständigen, damit er die Möglichkeit erhält, die Kinder bei der Mutter abzuholen und mit ihnen nach Bosnien zu fliegen, wobei die Abholung einen Tag vor dem Abflug erfolgen soll."

Die Kindeseltern haben zudem u.a. festgehalten,

"dass zwischen den Elternteilen Einigkeit besteht, dass der Kindesvater samstags vormittags, 10:00 Uhr, mit den Kindern telefoniert. ..."

Durch anschließenden Beschluss des Amtsgerichts ist die Umgangsvereinbarung familiengerichtlich gebilligt und die Eltern sind auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gem. § 89 FamFG hingewiesen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das erstinstanzliche Anhörungsprotokoll vom 18. Juli 2022 Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 17. August 2022 hat der Kindesvater die Festsetzung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen die Kindesmutter beantragt.

Er habe am Samstag, 30. Juli 2022, um 10.00 Uhr bei der Antragsgegnerin angerufen. Diese habe ihm mitgeteilt, sie sei mit den Kindern unterwegs und erst in drei bis dreieinhalb Stunden wieder zuhause. Die Kinder würden ihn dann anrufen. Der Anruf sei dann erst um 19:22 Uhr von dem älteren Sohn E. gekommen.

Am Samstag, 6. August 2022, habe er wieder um 10:00 Uhr bei der Antragsgegnerin angerufen, ohne dass diese abgehoben habe. Erst um 12:07 Uhr sei ein Rückruf gekommen, den er nicht mehr habe entgegennehmen können.

Am Samstag, 13. August 2022, habe er die Kinder über das Handy der Kindesmutter sprechen können. Leider habe dieses Gespräch in einer sehr lauten Geräuschkulisse stattgefunden, so dass er kaum etwas habe verstehen können. Die Kinder hätten sich mit der Mutter im Hotel-Restaurant befunden, so dass das Gespräch von lauten Stimmen und Geschirrklappern dominiert worden sei. Zudem habe die Kindesmutter das Gespräch mit Zwischenfragen an die Kinder nach den Strandsachen gestört.

Weiter liege ein Verstoß gegen Ziffer 1. der Umgangsvereinbarung vor. Zwar habe er die Kinder nicht mehr kurzfristig mit dem Flugzeug mitnehmen können, da er erst am 23. Juli 2022 am späten Nachmittag erfahren habe, dass der Pass für die Kinder angekommen sei, und sein geplanter Flug bereits am 24. Juli 2022 stattgefunden habe. Jedoch sei die Antragsgegnerin selbst mit den Kindern bereits am 30. Juli 2022 ohne sein Wissen nach Bosnien gefahren und habe sich lediglich 7,5 km von ihm entfernt aufgehalten. Davon habe er nur durch Zufall in dem Gespräch mit den Kindern am 30. Juli 2022 erfah...

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