Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenverkehrsgefährdung durch Nutzen einer Gegenfahrspur an einer Straßeneinmündung
Leitsatz (amtlich)
1. Fußgängerüberwege im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2c StGB sind ausschließlich solche i. S. des § 26 StVO, also die durch Zeichen 293 zu § 41 StVO i. V. m. dem Hinweiszeichen 350 zu § 42 StVO markierten Zebrastreifen.
2. Entscheidet sich ein Kraftfahrer, eine Fahrspur entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu nutzen, muss er insbesondere in Kreuzungs- und Einmündungsbereichen jederzeit damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer - auch Fußgänger - sich darauf verlassen, dass ihnen keine Gefahren von Kraftfahrzeugen infolge straßenverkehrsrechtswidriger Nutzung durch Fahren entgegen der Fahrtrichtung drohen. Passt er seine Geschwindigkeit dabei nicht angemessen an, stellt dies ein zu schnelles Fahren an einer Straßenkreuzung bzw. -einmündung im Sinne des § 315c Abs. 1 Nr. 2d StGB dar.
Normenkette
StGB § 315c Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Rinteln (Entscheidung vom 03.04.2012) |
Tenor
Die Revision wird mit der Maßgabe, dass der Angeklagte einer vorsätzlichen Straßenverkehrsgefährdung durch zu schnelles Fahren an Straßeneinmündungen in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung schuldig ist, als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Angeklagte.
Angewendete Strafvorschriften: §§ 315 c Abs. 1 Nr. 2 d, Abs. 3 Nr. 1, 229, 230 Abs. 1, 42, 44, 52 StGB.
Gründe
I. Das Amtsgericht Rinteln hat den Angeklagten am 3. April 2012 wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung durch Falschfahren am Fußgängerüberweg in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 45 € mit der Möglichkeit der Ratenzahlung von 100 € pro Monat verurteilt und gegen ihn ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Die hiergegen erhobene Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen.
Nach den getroffenen Feststellungen war der Angeklagte in der Nacht zum 19. Februar 2011 im Rahmen seiner nebenberuflichen Tätigkeit in R. als Taxifahrer unterwegs. Gegen 01:30 Uhr vereinbarte der Angeklagte mit den Zeuginnen B. und S., diese zum Festpreis von 10 € nach S. zu fahren. Bereits zu Beginn der Fahrt beschleunigte der Angeklagte sein Taxi deutlich und fuhr in der Innenstadt so zügig, dass beide Zeuginnen darauf aufmerksam wurden. Mit seinem Verhalten wollte der Angeklagte entweder bei den beiden weiblichen Fahrgästen Eindruck erwecken oder aber die Fahrt, für die ein Festpreis ausgemacht war, möglichst schnell zu Ende bringen, um in dieser Nacht noch weitere Einnahmen erzielen zu können. Er näherte sich während der Fahrt auf der K.-A.-Straße dem Einmündungsbereich der von links kommenden S. Straße, die in diesem Einmündungsbereich auf vier durch drei Verkehrsinseln voneinander getrennte Spuren geleitet wird. Zwischen den einzelnen Verkehrsinseln führt eine auf der Fahrbahn rot markierte Fußgängerfurt mit weißer, unterbrochener Seitenbegrenzung, die zum Überqueren der S. Straße dient. Die in Fahrtrichtung des Angeklagten gesehene erste Spur leitet den Verkehr von der S. Straße nach rechts auf die K.-A.-Straße, also in die entgegengesetzte Richtung des Angeklagten. Die zweite Spur leitet den Verkehr von der S. Straße nach links auf die K.-A.-Straße. Die dritte Fahrspur ist für den von der K.-A.-Straße nach links auf die S. Straße einbiegenden Verkehr gedacht.
Der Angeklagte beabsichtigte, nach links in die S. Straße abzubiegen, reduzierte indessen seine deutlich erhöhte Fahrtgeschwindigkeit nicht - was er bei Nutzung der hierfür vorgesehenen Spur hätte machen müssen, um nicht aus der Kurve herausgetragen zu werden - und nutzte stattdessen die aus seiner Sicht erste, für den Gegenverkehr aus der S. Straße kommende Spur. Diese beabsichtigte in diesem Moment der Zeuge Ba., den sowohl der Angeklagte als auch die beiden Zeuginnen aus dem Taxi heraus zuvor wahrgenommen hatten, zu überqueren. Dabei kam es zur Kollision des vom Angeklagten geführten Fahrzeugs mit dem Zeugen, der sich erhebliche Verletzungen zuzog. Die Kollisionsgeschwindigkeit lag zwischen 48 und 62 km/h. Sowohl am Unfallort als auch in der Hauptverhandlung vor der Kammer äußerte sich der Angeklagte dahingehend, dass es zu diesem Unfall nur gekommen sei, weil der Zeuge Ba. unvermittelt auf die Straße gelaufen sei.
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Angeklagte grob verkehrswidrig und rücksichtslos an Fußgängerüberwegen i. S. des § 315 c Abs. 1 Nr. 2 c StGB falsch gefahren sei. Hilfsweise sei er an Straßeneinmündungen zu schnell gefahren, da es dem Angeklagten bei der gefahrenen Geschwindigkeit nicht möglich gewesen wäre, ordnungsgemäß über die Linksabbiegespur abzubiegen. Schließlich habe der Angeklagte auch nicht die rechte Seite der Fahrbahn an einer unübersichtlichen Stelle eingehalten (§ 315 c Abs. 1 Nr. 2 e StGB). In seinem Verhalten liege zumindest ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 StVO.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, der die ...