Entscheidungsstichwort (Thema)
Im Regelfall keine Sittenwidrigkeit der Bestellung einer Sicherungsgrundschuld durch Darlehensnehmer
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Beschluss vom 13.05.2004; Aktenzeichen 3 O 239/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Hildesheim vom 13.5.2004 i.V.m. dem Nichtabhilfebeschluss vom 7.7.2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 153.387,56 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in R. und bestellte zu Gunsten der Beklagten in notarieller Urkunde vom 19.12.1996 - UR-Nr. ... des Notars S. in B. - eine Grundschuld über 300.000 DM, übernahm in dieser Urkunde "für den Eingang des Grundschuldbetrages und aller Nebenleistungen die persönliche Haftung" und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in ihr gesamtes Vermögen. Aus dieser Urkunde betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine dagegen gerichtete Vollstreckungsabwehrklage sowie Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Sie hält die der Vollstreckung zugrunde liegende Forderung der Beklagten wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB für nichtig und beruft sich dazu auf die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften und Mithaftungsabreden zugunsten von Angehörigen, durch die der Bürge oder Mithaftende finanziell krass überfordert wird und die er nur aufgrund einer zum Hauptschuldner bestehenden emotionalen Verbundenheit übernommen hat. Sie vertritt die Rechtsauffassung, dass diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwendbar seien.
Unstreitig liegt der vollstreckbaren Urkunde folgende Vorgeschichte zugrunde. Die Klägerin und ihr Ehemann lebten in Gütertrennung. Der Ehegatte der Klägerin betrieb eine Einzelfirma, die geschäftlich mit der Beklagten zusammenarbeitete. Die Firma des Ehemanns der Klägerin hatte 1996 erhebliche Verbindlichkeiten ggü. der Darlehensgeberin und anderen Gläubigern. In dieser Situation gewährte die Beklagte der Klägerin als Darlehensnehmerin durch zwei Darlehensverträge vom 19.12.1996 zwei Darlehen über 100.000 DM und 150.000 DM, die durch die Grundschuld mit Unterwerfung, aber auch durch die Übernahme einer Bürgschaft des Ehemanns der Klägerin und weitere Sicherheiten abgesichert wurden. In der Präambel der Darlehensverträge ist auf einer Schreibmaschinenseite die schlechte wirtschaftliche Situation der Einzelfirma des Ehemanns der Klägerin dargelegt. Wörtlich heißt es:
"Darlehensnehmerin (das ist die Klägerin) erwähnte anlässlich des Gesprächs auf eine Frage des Geschäftsführers der Darlehensgeberin (das ist die Beklagte), Herrn W., dass sie über alle Zahlungsprobleme ihres Ehegatten informiert sei. Auch wolle sie durch Hergabe von Grundschulden auf dem eigenen Grundbesitz in R. und der eigenen und persönlichen Darlehensaufnahme mit dazu beitragen, dass der Fortbestand des Unternehmens gewährleistet ist und im Falle der zwangsweisen Verwertung Forderungen der Darlehensgeberin als gesichert gelten" (Bl. 7 d.A.).
Bestimmungsgemäß wurden die Darlehenssummen nicht an die Klägerin ausgezahlt, sondern entsprechend dem Verwendungszweck nach § 2 der Darlehensverträge im Wege der Forderungsabtretung zur Tilgung von Verbindlichkeiten der Einzelfirma des Ehemanns der Klägerin verwendet.
Die Klägerin behauptet, sie habe sich nur ihrem Ehemann zuliebe unter dem Druck der Verhältnisse auf diese Verträge eingelassen. Sie sei auch krass überfordert gewesen. Nach Aufgabe einer früheren Tätigkeit im Unternehmen ihres Ehemannes sei sie im Jahre 1996 arbeitslos gewesen; das im Jahre 1995 von ihr für 160.000 DM erworbene Dreifamilienhaus in R. sei in der Folgezeit mit rund 50.000 DM von ihr und ihrem Ehemann ausgebaut worden und habe allenfalls einen Wert von 220.000 DM gehabt. Es sei aber mit einer Grundschuld zugunsten der Sparkasse über 160.000 DM vorbelastet gewesen; die aus dem Haus zu ziehenden Mieteinnahmen von 1.100 DM hätten den an die Sparkasse zu leistenden Abtrag von 1.000 DM nur knapp überstiegen. Sie habe die Hintergründe des Geschäfts auch nicht durchschaut. Es sei ihr damals erklärt worden, dass die Beträge eigentlich nicht von ihr zu zahlen wären, sondern durch den Betrieb ihres Ehemannes geleistet würden.
Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe zunächst mit der Begründung versagt, dass die Klägerin die subjektiven Voraussetzungen dafür nicht dargetan habe. Nachdem die Klägerin dagegen fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt hat, hat das LG mit dem Nichtabhilfebeschluss ausgeführt, dass die Bedenken hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht aufrechterhalten würden. Die Klage habe jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Darlehensverträge seien nicht sittenwidrig, selbst wenn man von einer krassen finanziellen Überforderung ausgehe. Durch die Präa...