Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Nichtigkeit einer kompetenzwidrigen Abberufung des (Fremd)-Geschäftsführers einer GmbH im Streitfall. Zur Selbstwiderlegung eines vermeintlich wichtigen Grundes für die Abberufung.
Normenkette
GmbHG §§ 38, 46
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 11.10.2022; Aktenzeichen 32 O 119/22) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Oktober 2022 verkündete Urteil der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das angefochtene Urteil ist - wegen der Kosten - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger ist im Handelsregister als Geschäftsführer der in der Rechtsform einer GmbH organisierten Beklagten eingetragen. Er wendet sich gegen einen seiner Ansicht nach nichtigen Beschluss des Alleingesellschafters der Beklagten vom 25. Juli 2022, der seine sofortige Abberufung vom Geschäftsführeramt aus wichtigem Grund zum Inhalt hat (vgl. Anlage K 16, wie alle nicht anders gekennzeichneten, vom Kläger vorgelegten Anlagen im gesonderten Anlagenband "K").
Alleiniger Gesellschafter der Beklagten ist der X e.V. (im Folgenden auch: Verein). Die Beklagte wiederum ist Komplementärin der X GmbH & Co. KGaA (im Folgenden nur: KGaA), die ihrerseits die am Ligabetrieb teilnehmende Fußballmannschaft "X" unterhält. Kommanditaktionärin der KGaA ist die X S. & S. GmbH & Co. KG (im Folgenden nur: S & S KG), deren Mehrheitskommanditistin die XY GmbH ist (vgl. Anlage K 11). Alleiniger Gesellschafter der XY GmbH ist der Kläger.
In § 5 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten (Anlage K 14) ist Folgendes bestimmt:
"Organe der Gesellschaft sind:
a) die Geschäftsführung,
b) der Aufsichtsrat und
c) die Gesellschafterversammlung."
§ 7 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten lautet auszugsweise:
"(1) Die Geschäftsführer werden vom Aufsichtsrat bestellt und abberufen.
(2) (...)"
Aus § 8 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten ergibt sich, dass deren Aufsichtsrat aus vier Mitgliedern besteht, die zur Hälfte vom Alleingesellschafter der Beklagten (also dem X e.V.), zur anderen Hälfte vom Aufsichtsrat der KGaA (der sogenannten "Kapitalgeberseite") entsandt werden.
Am 23. August 2019 kamen der Verein (Alleingesellschafter der Beklagten), die KGaA und die S & S KG in einem sogenannten "X-Vertrag" (Anlage K 12) unter dessen Ziffer 3 u.a. wie folgt überein:
"(...) X e.V. [i.e. der Alleingesellschafter der hiesigen Beklagten] verpflichtet sich, die Satzung der X Management GmbH [i.e. die hiesige Beklagte] nicht bzw. nicht ohne vorherige schriftliche Zustimmung der X S&S [i.e. die S & S KG] zu ändern, zu ergänzen oder zu ersetzen. Die vorstehende Regelung gilt insgesamt, insbesondere aber für den Passus der Satzung, der Funktion (Bestellung der Geschäftsführung der Gesellschaft) und Besetzung des Aufsichtsrats der X Management GmbH regelt. Durch die jetzige Regelung hat X S&S, vermittelt durch den Aufsichtsrat, Mitentscheidungsrechte bei der Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung der X Management GmbH. Der Erhalt dieser Mitentscheidungsrechte und die künftige Kooperation der Parteien bei der Ernennung und Abberufung der Geschäftsführung der X Management GmbH unter Berücksichtigung des Zwei-Säulen-Modells ist Grundlage und essentieller Bestandteil dieser Vereinbarung, insbesondere im Hinblick auf die sich für X e.V. [i.e. den Alleingesellschafter der hiesigen Beklagten] ergebenden Pflichten. (...)"
Am 25. Juli 2022 suchten Mitglieder des Vorstands des Alleingesellschafters der Beklagten, also des X e.V., einen Notar in ... auf, hielten ohne Mitwirkung des Geschäftsführers, also des hiesigen Klägers, unter Verzicht auf die Einhaltung aller Frist- und Formvorschriften eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der Beklagten ab und beschlossen, den Kläger "mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund im Wege eines satzungsdurchbrechenden Beschlusses als Geschäftsführer" der Beklagten abzuberufen (vgl. Anlage K 16).
Am 27. Juli 2022 fand sodann eine zuvor vom Kläger einberufene Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, zu deren Beginn der vom Verein in den Aufsichtsrat der Beklagten entsandte Aufsichtsratsvorsitzende den Kläger fragte, ob er das Amt als Geschäftsführer zum 31. Dezember 2022 niederzulegen bereit sei. Nachdem der Kläger das verneint hatte, übergab der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten als Bevollmächtigter des Vereins dem Kläger das den Abberufungsbeschluss enthaltende Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 25. Juli 2022.
Der Kläger hat gemeint, der Abberufungsbeschluss des Vereinsvorstands für ...