Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Ausdehnung des selbständigen Beweisverfahrens auf weitere Antragsgegner
Leitsatz (amtlich)
Die nachträgliche Einbeziehung weiterer Antragsgegner in ein selbständiges Beweisverfahren wegen diverser Baumängel kann unzulässig sein, wenn das Verfahren bereits mehrere Jahre andauert und im Falle der Zulassung eine erhebliche weitere Verzögerung zu besorgen wäre.
Normenkette
ZPO § § 485 ff., § 486
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 24 OH 63/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den die beantragte Erweiterung des Beweisbeschlusses zurückweisenden Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des LG Hannover wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 10 Mio. EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin betreibt seit April 2001 ein selbständiges Beweisverfahren, in das sie 2003 die Streithelferinnen zu 1), 2) und 4) sowie die Streitverkündete zu 3) durch Streitverkündung einbezogen hat.
Mit Antragserweiterungsschrift vom 14.1.2005 hat sie beantragt, die drei Streithelferinnen sowie die Streitverkündete als Antragsgegnerinnen zu 3) bis 6) in das selbständige Beweisverfahren einzubeziehen und die Beweisbeschlüsse auf diese zu erweitern (Bl. 380 ff. d.A.).
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den zur näheren Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird, hat das LG den Antrag zurückgewiesen (Leseabschrift, Bl. 414 ff. d.A.). Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie zugleich um gemeinsame Gerichtsstandsbestimmung hinsichtlich der in H. ansässigen Streithelferin zu 1) und der in B. ansässigen Streithelferin zu 4) nachgesucht hat (Bl. 428 ff. d.A.).
Nachdem der 4. Zivilsenat über die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtes durch Beschl. v. 27.4.2005 entschieden, nämlich den Antrag zurückgewiesen hat (Bl. 550 ff. d.A.), ist nunmehr über die Beschwerde im Übrigen zu entscheiden.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insb. fristgerecht eingelegt. Sie bleibt in der Sache indes aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses ohne Erfolg.
Ergänzend wird angemerkt, dass grundsätzlich die Ausdehnung eines selbständigen Beweisverfahrens auf einen weiteren Antragsgegner, auch nach bereits erfolgter Einholung des schriftlichen Sachverständigengutachtens, möglich ist (OLG Düsseldorf v. 2.5.1995 - 22 W 16/95, OLGReport Düsseldorf 1995, 303 = NJW-RR 1995, 1216). Im vorliegenden Fall kommt indes eine Einbeziehung der in H. ansässigen Streithelferin zu 1), hinsichtlich derer, anders als bei der Streithelferin zu 4), eine Prorogation gem. § 38 ZPO nicht in Rede steht, von vornherein nicht in Betracht, nachdem die dazu erforderliche Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtes vom 4. Zivilsenat durch den vorstehend zitierten Beschluss rechtskräftig abgelehnt worden ist.
Allein vor diesem Hintergrund werden die für die Zulässigkeit einer Antragserweiterung streitenden Gesichtspunkte der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Verfahrensökonomie weitgehend entkräftet, abgesehen davon, dass die Antragstellerin es ihrerseits versäumt hat, durch die Wahl des Gerichtsstands des Erfüllungsortes, hier also des Orts der Baumaßnahme, von vornherein einen für sämtliche in Betracht kommenden Antrags- oder Klagegegner zuständigen Gerichtsort zu wählen.
Ferner schließt sich der erkennende Beschwerdesenat den Erwägungen des 4. Zivilsenats hinsichtlich der fehlenden Zumutbarkeit der Einbeziehung an. Diese Erwägungen, insb. zur Konterkarierung der Ziele des Beweisverfahrens, tragen auch die Nichteinbeziehung der übrigen, nicht von dem Antrag nach § 36 ZPO betroffenen Streithelferinnen. Dies gilt - als Ausnahme von dem oben dargestellten Grundsatz der Zulässigkeit der Antragserweiterung - jedenfalls bei einer Verfahrensdauer von bereits mehr als 4 Jahren, dem offenbar bestehenden Begehren auf einen "neuen Anlauf" der Begutachtung (nicht nur Einbeziehung der Streitverkündeten als Antragsgegnerinnen, sondern auch Erweiterung der Beweisbeschlüsse) sowie vor dem Hintergrund drohender Ablehnungsgesuche, weil die Streithelferinnen zu 1) und 2) den Sachverständigen Veltens, so das LG in dem angefochtenen Beschluss, für befangen halten.
Hinsichtlich des Interesses der Antragstellerin auf Einbeziehung der Streithelferinnen wird schließlich auf die neue Vorschrift des § 411a ZPO hingewiesen, die in zukünftig anhängig werdenden Beweis- oder Hauptsacheverfahren eine Verwertung des Beweisergebnisses in vorliegender Sache unabhängig von der Frage der Nämlichkeit der Parteien erlauben dürfte.
III. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97 Abs. 1 und § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1380040 |
BauR 2005, 1221 |
BauR 2005, 1670 |
IBR 2005, 457 |
BauRB 2005, 232 |
NJOZ 2005, 2944 |
OLGR-Nord 2005, 496 |