Entscheidungsstichwort (Thema)
Transport von kühlbedürftiger Lasagne begründet keine Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot
Leitsatz (amtlich)
1. Ein kühlbedürftiges Fertiggericht mit Fleischanteil (Lasagne) unterfällt nicht der gesetzlichen Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StVO.
2. Frische Milcherzeugnisse beziehungsweise frische Fleischerzeugnisse sind Erzeugnisse, die ausschließlich oder ganz überwiegend aus Milch beziehungsweise Fleisch bestehen, also das Ergebnis einer Bearbeitung von Milch oder Fleisch sind, nicht aber kühlbedürftige Fertiglebensmittel, die unter Verwendung unter anderem von Milch beziehungsweise Fleisch produziert wurden.
Normenkette
OWiG § 29a Abs. 2-3; StVO § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Bückeburg (Entscheidung vom 13.09.2016) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bückeburg vom 13. September 2016 wird als unbegründet verworfen.
Die sofortige Beschwerde der Verfallsbeteiligten gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des vorgenannten Urteils wird als unbegründet verworfen.
Die Verfallsbeteiligte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und der sofortigen Beschwerde zu tragen.
Gründe
I.
1. Das Amtsgericht Bückeburg hat im selbstständigen Verfallsverfahren gegen die Verfallsbeteiligte mit Urteil vom 13. September 2016 im dritten Rechtsgang den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 835,04 € angeordnet. Zwei vorangegangene Urteile des Amtsgerichts in dieser Sache waren jeweils auf die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten hin im Rechtsbeschwerdeverfahren wegen Rechtsfehlern im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Dolmetschers in der Hauptverhandlung aufgehoben worden (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 1 Ss (OWi) 118/15, NStZ 2015, 720; OLG Celle, Beschluss vom 4. April 2016 - 1 Ss (OWi) 54/16, StV 2016, 806).
Das Amtsgericht hat nunmehr im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen: Am 24. Januar 2014 - einem Sonntag - beförderte ein Arbeitnehmer der Verfallsbeteiligten mit einem Lkw der Verfallsbeteiligten von Frankreich kommend eine Ladung Fertiglasagne mit dem Fahrtziel Polen durch das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Bei dem Transportgut handelte es sich um Lasagne, die am 24. Januar 2014 in Frankreich produziert worden war und ein Haltbarkeitsdatum 23. Februar 2014 aufwies.
Diesen Transport hat das Amtsgericht als Verstoß gegen das Sonntagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO gewertet. Das Amtsgericht hat weiter festgestellt, dass ein Frachtlohn zwischen der Verfallsbeteiligten und ihrem Auftraggeber in Höhe von 1.700,- € vereinbart worden war und ausgehend von einer Gesamtfahrtstrecke des Transportes von 1.438 km und einem innerdeutschen Streckenanteil von 706,30 km der verfallsrechtlich relevante Bruttoerlös aus der unter Verstoß gegen § 30 Abs. 3 StVO vorgenommenen Fahrt durch deutsches Hoheitsgebiet 835,04 € beträgt.
Das Amtsgericht hat deshalb gegen die Verfallsbeteiligte den Verfall eines Geldbetrages in der vorgenannten Höhe gemäß § 29a Abs. 2 und Abs. 4 OWiG angeordnet.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Verfallsbeteiligten, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
2. Das Amtsgericht hat in seinem angefochtenen Urteil zudem die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der vorangegangenen Rechtsbeschwerdeverfahren in dieser Sache der Verfallsbeteiligten auferlegt. Hiergegen wendet sich die Verfallsbeteiligte mit einer Kostenbeschwerde.
3. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG und die Kostenbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG. Die erhobenen Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft, weshalb auch dem Antrag der Verfallsbeteiligten auf Vorlage an den EuGH, wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend dargetan hat, nicht zu entsprechen war. Die auf die Sachrüge hin gebotene Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Verfallsbeteiligten erkennen.
Ergänzend zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft bemerkt der Senat:
1. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts unterfällt der Sachverhalt, auf den sich die Verfallsanordnung stützt, keinem der Ausnahmetatbestände des § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StVO vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO.
Zwar gilt das Sonn- und Feiertagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 S. 1 StVO gemäß § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StVO unter anderem dann nicht, wenn frische Milcherzeugnisse beziehungsweise frische Fleischerzeugnisse transportiert werden. Nach der Verkehrsblattverlautbarung "Definition der frischen und leicht verderblichen Lebensmittel im Sinne des § 30 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StVO" des Bundesverkehrsministeriums vom 31. Juli 1998 (Verkehrsblatt 1998,...