Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung des Berufsbetreuers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es lassen sich derzeit unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 GG keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Pauschalierungssystem der §§ 4 und 5 VBVG erheben, da es keine tragfähigen Erkenntnisse für die Annahme gibt, dass dieses Vergütungssystem bei einer generalisierenden Betrachtung des gesamten Berufszweiges der Berufsbetreuung nicht zu auskömmlichen Einkommensverhältnissen der Berufsbetreuer führt.

2. § 3 Abs. 3 VBVG ist auf die Stundensatzbemessung bei Berufsbetreuern nicht analog anwendbar (Beschluss OLG München NJW-RR 2007, 513).

 

Normenkette

VBVG §§ 4-5

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 28.02.2008; Aktenzeichen 54 T 182/06)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 54. Zivilkammer des LG Hannover vom 28.2.2008 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist zugelassene Rechtsanwältin. Sie ist für den bemittelten Betroffenen als (Berufs) Betreuerin mit den Aufgabenkreisen Gesundheits und Vermögenssorge sowie Post und Behördenangelegenheiten bestellt. Der Betroffene verfügt über ein Wertpapier und Immobilienvermögen i.H.v. weit mehr als 1.000.000 EUR.

Mit Antrag vom 2.10.2006 begehrte die Beschwerdeführerin die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für die von ihr geleistete Tätigkeit im Zeitraum vom 1.7.2005 bis zum 30.6.2006, wobei sie in erster Linie eine angemessene Vergütung in analoger Anwendung von § 1836 Abs. 2 BGB unter Heranziehung der für die Vergütung eines Testamentsvollstreckers entwickelten Grundsätze und nur hilfsweise die pauschalierten Zeitansätze und Stundensätze nach §§ 4 und 5 VBVG begehrte. Das Vormundschaftsgericht hat durch Beschluss vom 5.10.2006 die der Beschwerdeführerin zustehende Vergütung nur nach dem Hilfsantrag i.H.v. 1.381,60 EUR (entspricht 31,4 Stunden zu jeweils 44 EUR) festgesetzt. Im Übrigen hat es den Vergütungsantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass der für ehrenamtliche Betreuer geltende § 1836 Abs. 2 BGB nicht analog angewendet werden könne und auch einem ehrenamtlichen Betreuer im Übrigen höchstens ein Stundensatz von 44 EUR zustünde.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Festsetzung einer über den pauschalierten Zeitansätzen und Stundensätzen liegende angemessene Vergütung anstrebt, hat das LG durch Beschluss vom 27.2.2008 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom LG zugelassene weitere Beschwerde.

II. Die gem. § 56g Abs. 5 Satz 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt, dass eine Analogie eine planwidrige Regelungslücke voraussetze, an der es bereits fehle. Die Vergütung für Berufsbetreuer sei durch das VBVG umfassend und nach dem Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt. Es gebe auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelungen des VBVG. Zwar mag bezogen auf den Einzelfall die festgesetzte Vergütung zu niedrig erscheinen. Dies läge jedoch in der Natur einer pauschalierten Vergütung. zudem werde auf längere Sicht ein Ausgleich dadurch geschaffen, dass auch Einzelfälle vorkämen, in denen die zugebilligte Vergütung den tatsächlich geleisteten Arbeitsaufwand deutlich übersteige.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Ergebnis stand.

2. Die Vergütung der Beschwerdeführerin für den Betreuungszeitraum vom 1.7.2005 bis zum 30.6.2006 richtet sich nach §§ 4 und 5 VBVG i.V.m. §§ 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3, 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Zeitansatz beträgt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 VBVG insgesamt 31,4 Stunden. der Betreuerin steht als Rechtsanwältin für die Betreuertätigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG ein Stundensatz von 44 EUR zu.

3. Der Senat vermag - zumindest derzeit - nicht zu erkennen, dass die Regelungen der §§ 4 und 5 VBVG gegen Verfassungsrecht verstoßen könnten.

a) Die Vergütungsregelungen der §§ 4 und 5 VBVG stellen Berufsausübungsregelungen dar. Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, die durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt (BVerfGE 94, 372, 390 m.w.N.).

aa) Die (ausnahmslose) Pauschalierung der Betreuervergütung ist erkennbar von vernünftigen Gründen des Allgemeinwohls getragen, nämlich von dem Bestreben, einer übermäßigen Belastung der Landeshaushalte entgegenzuwirken und die berufsmäßigen Betreuer wie auch die Vormundschaftsgerichte von der zeitaufwendigen Abrechnungs und Überprüfungspraxis zu entlasten (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrats, BT-Drucks. 15/2494, 1). Zur Erreichung dieser Vereinfachungs und Kostenreduktionsziele ist das Pauschalsystem des VBVG sowohl geeignet als auch erforderlich, weil sie in gleicher Weise innerhalb des (vor dem 1.7.2005 bestehenden) S...

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