Leitsatz (amtlich)

Eine in das Ermessen des Vormundschaftsgerichts gestellte Erhöhung des Stundensatzes für Betreuer bei nicht mittellosen Betroffenen und besonderer Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte sieht das Vergütungsrecht anders als für den Berufsvormund nicht vor. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung des § 3 Abs. 3 VBVG sind nicht gegeben, da weder eine planwidrige Gesetzeslücke besteht noch die zu beurteilenden Sacherhalte vergleichbar sind.

 

Normenkette

BGB § 1836 Abs. 1 S. 2, Abs. 3; VBVG § 3 Abs. 3, § 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 04.09.2006; Aktenzeichen 13 T 17049/06)

AG München (Aktenzeichen 711 XVII 06374/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 4.9.2006 wird zurückgewiesen.

II. Der Wert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 1.188 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin ist seit September 2004 als Betreuerin für den vermögenden Betroffenen u.a. für die Aufgaben der Vermögenssorge; Gesundheitsfürsorge; Aufenthaltsbestimmung; Wohnungsangelegenheiten sowie Organisation der ambulanten Versorgung bestellt. Mit Schreiben vom 10.7.2006 beantragte sie für den Betreuungszeitraum 22.3.2006 bis 21.6.2006 eine Vergütung von 1.782 EUR. Der Berechnung lag ein Ansatz von 4,5 Stunden pro Monat zugrunde, da die Betreuung bereits seit mehr als einem Jahr bestand und der Betroffene nach Auffassung der Betreuerin im Vergütungszeitraum nicht in einem Heim lebte. Abweichend von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG verlangte die Betreuerin wegen der besonderen Schwierigkeiten in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 3 VBVG einen Stundensatz von 132 EUR, welcher dem üblichen Stundenhonorar von Diplom-Psychologen und Psychotherapeuten entspreche.

Die erhebliche Schwierigkeit wurde begründet mit der Höhe des Vermögens, das u.a. aus drei Eigentumswohnungen sowie einem Kapital von ca. 400.000 EUR besteht. Außerdem sei die Betreuung auch im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Betroffenen überdurchschnittlich schwierig; er leide an einer depressiven Erkrankung, die durch eine Alkoholerkrankung mit entsprechenden körperlichen Folgeleiden überlagert werde.

Das AG setzte die Vergütung nach Anhörung der Verfahrenspflegerin unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 44 EUR auf 594 EUR fest und wies den darüber hinausgehenden Antrag zurück. Auf sofortige Beschwerde der Betreuerin bestätigte das LG diese Entscheidung am 4.9.2006. Mit ihrer zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt die Betreuerin ihren ursprünglichen Antrag weiter.

II. Das gem. § 56g Abs. 5 Satz 2 statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1. Das LG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:

Das AG habe den Stundensatz zu Recht auf 44 EUR festgesetzt. Dies entspreche den hier vorliegenden Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 VBVG (hinsichtlich des Zeitansatzes) sowie des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG (bezüglich der Qualifikation der Betreuerin).

Eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 VBVG auf die Betreuervergütung komme nicht in Betracht, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Das Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) habe zwei unterschiedliche Abrechnungssysteme eingerichtet. Bei Vormundschaften soll bei einem niedrigeren Stundensatz die aufgewandte Zeit vergütet werden, während bei Betreuungen ein pauschaliertes Abrechnungssystem eingeführt wurde. Damit habe der Betreuer hinsichtlich seiner Dokumentationspflichten entlastet und die Prüfung des Vergütungsanspruchs vereinfacht werden sollen. Das durch das VBVG eingeführte Pauschalierungssystem beruhe auf einer rechtstatsächlichen Untersuchung und sehe bewusst nur wenige zahlenmäßig geringe Sonderfälle vor.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

a) Die Vergütung der Berufsbetreuerin für den Betreuungszeitraum vom 22.3.2006 bis 21.6.2006 richtet sich nach §§ 4, 5 VBVG i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3, § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Stundenansatz beträgt nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VBVG 4,5 Stunden, der Betreuerin als Diplom-Psychologin steht aufgrund § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG für die Betreuertätigkeit ein Stundensatz von 44 EUR zu.

b) Eine in das Ermessen des Vormundschaftsgerichts gestellte Erhöhung des Stundensatzes für Betreuer bei nicht mittellosen Betroffenen und besonderer Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte sieht das Vergütungsrecht, anders als für den Berufsvormund in § 3 Abs. 3 VBVG, nicht vor.

c) Zu Recht hat das Beschwerdegericht eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 3 VBVG auf die Vergütung des Berufsbetreuers eines nicht mittellosen Betroffenen abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen nicht vor: Es besteht weder eine planwidrige Regelungslücke noch sind die zu beurteilenden Sachverhalte vergleichbar.

aa) Der Bundesratsentwurf für ein Zweites Betreuungsrechtsänderungsgesetz sah eine einheitliche Pauschalierung bei der Vergütung der Berufsbetreuer nur hinsicht...

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