Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung Geschäftsgebühr auf Verfahrensgebühr
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH (vgl. ZIP 2010, 153) nicht mehr an seiner Auffassung fest, dass es sich bei der Neuregelung des § 15a RVG um eine Gesetzesänderung handele, auf die die Übergangsregelung des § 60 Abs. 1 RVG Anwendung findet.
Normenkette
ZPO § 104; RVG §§ 15a, 60
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Beschluss vom 03.02.2010; Aktenzeichen 4 O 220/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts der Klägerin vom 12.2.2010 wird der am 3.2.2010 zugestellte Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.
Die auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Lüneburg vom 26.11.2009 von dem Beklagten an Rechtsanwalt H. H. aus L. gem. § 126 ZPO zu erstattenden Kosten werden auf 1.475,72 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach
§ 247 BGB seit dem 27.11.2009 festgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem
Beklagten auferlegt.
Beschwerdewert: 586,13 EUR
Gründe
I. Mit Beschluss vom 15.10.2009 hat das LG der Klägerin für den ersten Rechtszug unter Beiordnung des Beteiligten als Rechtsanwalt Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt, soweit die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 30.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2009 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens gegen Herrn P. L., H., S. G., gem. Darlehensvertrag vom 14.4.2008 i.H.v. 30.000 EUR begehrt. Durch das am 26.11.2009 verkündete Versäumnisurteil hat das LG der Klage antragsgemäß im Umfang der Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattgegeben und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit dem am 27.11.2009 eingegangenen Antrag vom 26.11.2009 (Bl. 98 d.A.) hat der Beteiligte als beigeordneter Rechtsanwalt die Festsetzung der Kosten abzgl. der von der Landeskasse erhaltenen Vergütung gegen den Beklagten beantragt und dabei insb. die Festsetzung einer vollen 1,3 Verfahrensgebühr aus dem Streitwert von 30.000 EUR begehrt.
Der Rechtspfleger hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 29.1.2010 die zu erstattenden Kosten auf 889,41 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat er im Anschluss an die bisherige ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 19.10.2009, OLGReport Celle 2009, 930) angenommen, dass § 15a RVG der von ihm vorgenommenen Anrechnung der für die vorgerichtliche Tätigkeit entstanden 1,3 Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die geltend gemachte Verfahrensgebühr nicht entgegenstehe, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den unbedingten Auftrag zur Vertretung im vorliegenden Rechtsstreit nicht erst nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erhalten habe.
Die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin beliefen sich somit auf 1.692,54 EUR (1,3 Verfahrensgebühr i.H.v. 985,40 EUR abzgl. der hälftigen Geschäftsgebühr i.H.v. 492,70 EUR = 492,70 EUR zzgl. 1,2 Terminsgebühr i.H.v. 909,60 EUR, Auslagenpauschale von 20 EUR und 19 % MWSt), wovon der aus der Landeskasse erstattete Betrag von 803,13 EUR abzusetzen sei, so dass der festgesetzte Betrag von 889,41 EUR verbleibe.
Gegen diesen am 3.2.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 12.2.2010 eingegangene sofortige Beschwerde des Beteiligten, der als beigeordneter Rechtsanwalt geltend macht, dass die Anrechnung der Geschäftsgebühr zu Unrecht erfolgt sei. Zwischenzeitlich habe nämlich auch der XII. Zivilsenat des BGH eine Anwendung des § 15a RVG auf sog. Altfälle befürwortet.
II. Die gem. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 126, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 568, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts hat in der Sache Erfolg.
Zwar hat der Rechtspfleger im Einklang mit der von ihm zitierten ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 2.2.2010 - 2 W 40/10) angenommen, dass die hälftige Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 RVG-VV auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen sei, weil § 15a RVG im Hinblick auf die Überleitungsvorschrift des § 60 RVG auf Fälle der vorliegenden Art keine Anwendung finde.
Der Senat hält jedoch an seiner in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des X. Zivilsenats des BGH (vgl. AGS 2009, 540, 542 f.) vertretenen Rechtsauffassung, dass § 15a RVG auf "Altfälle" nicht anzuwenden sei, nicht mehr fest, nachdem sich der XII. Zivilsenat des BGH mit dem erst kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 9.12.2009 (XII ZB 175/07; AGS 2010, 54 = ZIP 2010, 153) der Auffassung des II. Zivilsenats des BGH (ZIP 2009, 1927) angeschlossen hat, wonach § 15a RVG lediglich die bereits unter § 118 Abs. 2 BRAGO geltende und mit der Einführung des RVG nicht geänderte Rechtslage klargestellt habe, dass sich die Gebührenanrechnung im Verhältnis zu Dritten und damit insb. im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht auswir...