Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1, § 118 Abs. 1 S. 4, § 127 Abs. 4; BRAGO § 61 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Hildesheim (Aktenzeichen 37 F 37589/99)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 140,71 Euro (entspr. 275,21 DM).

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtspflegerin hat den Antrag des Klägers, aufgrund der im Hauptverfahren ergangenen Kostengrundentscheidung gegen die Beklagten diejenige Vergütung zur Erstattung festzusetzen, die er nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO seinen Prozessbevollmächtigten für die Vertretung im PKH-Beschwerdeverfahren (15 WF 95/00) schuldet, zu Recht zurückgewiesen.

Zwar ist die für das Betreiben des PKH-Bewilligungsverfahrens im Beschwerderechtszug entstandene Gebühr, anders als diejenige des erstinstanzlichen Bewilligungsverfahrens (§§ 51 Abs. 1, 37 Nr. 3 BRAGO), nicht auf die gleichartige Prozessgebühr des Hauptverfahrens anzurechnen, sondern den Prozessbevollmächtigten zusätzlich zu zahlen. Sie unterfällt aber nicht dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch, der aus dem Prozessrechtsverhältnis folgt; denn ein solches wird zwischen den Prozessparteien durch das PKH-Bewilligungsverfahren, das auf Teilhabe des Gesuchstellers an der sozialstaatlichen Daseinsfürsorge und Rechtschutzgewährung durch Leistung von Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege gerichtet ist und sich deshalb an den Leistungsträger (Justizfiskus) – nicht an den Gegner des prozessualen Anspruchs – wendet, nicht begründet. Mangels Erfassung durch den prozessualen Kostenerstattungsanspruch ist die Gebühr aus § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO auch nicht unmittelbar Gegenstand der Kostengrundentscheidung, die nur die Kosten des eigentlichen Rechtsstreits über den rechtshängig gewordenen Anspruch betrifft. Der Berücksichtigung dieser Gebühr im Rahmen festsetzbarer Prozessvorbereitungskosten, die im Grunde einem materiell-rechtlichen Anspruch auf Kostenersatz, insb. wegen Verzuges, Rechnung tragen, steht – wie die Rechtspflegerin zutreffend ausgeführt hat – § 127 Abs. 4 ZPO entgegen.

Für seine gegenteilige Auffassung, die in § 127 Abs. 4 ZPO kein Hindernis für die Festsetzung der Kosten des PKH-Beschwerdeverfahrens sieht, beruft sich der Kläger auf Rechtsprechung (u.a. OLG Stuttgart JurBüro 1986, 936; OLG Karlsruhe v. 26.2.1980 – 16 WF 11/80, AnwBl. 1980, 198), die vor Erlass dieser Vorschrift (durch Gesetz vom 17.12.1990) ergangen ist und den jetzt nur noch für das erstinstanzliche PKH-Verfahren anwendbaren § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO zum Ausgangspunkt hat. § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO versagt dem obsiegenden Gegner des prozessualen Anspruchs der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei die Erstattung seiner zusätzlichen Auslagen des Bewilligungsverfahrens und lässt damit Raum für die Auffassung, die um Prozesskostenhilfe ersuchende Partei selbst könne, wenn sie obsiegt, auf Grund der in der Hauptsache ergehenden Kostenentscheidung dieBewilligungskosten als Vorbereitungskosten festsetzen lassen. Allerdings wurde und wird diese Auffassung keineswegs allgemein geteilt (vgl. Zöller/Philippi ZPO, 23. Aufl. 2002, § 118 Rz. 28; Madert/Müller-Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, 2001, Kap. O Rz. 82; OLG Hamburg JurBüro 1989, 671; OLG München v. 15.11.1988 – 11 WF 994/88, MDR 1989, 267 = Rpfleger 1989, 204 [205]; OLG Düsseldorf v. 16.6.1987 – 10 W 61/87, MDR 1987, 941 = Rpfleger 1988, 41; OLG Koblenz JurBüro 1986, 1412); nach Einfügung des Ab. 4 in § 127 ZPO, der – in Kenntnis der vorherigen kontroversen Auslegung des damals auch auf die Beschwerdekosten angewandten § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO – allseitig die Nichterstattung der Kosten des PKH-Beschwerdeverfahrens anordnet, ist der Differenzierung dahingehend, dass nur der obsiegende Gegner des Hauptverfahrens die Kosten des PKH-Beschwerdeverfahrens nicht erstattet erhalte, wohl aber die der Prozesskostenhilfe teilhaftig gewordene und im Hauptverfahren obsiegende Partei, nunmehr der Boden entzogen (KG v. 21.3.1995 – 1 W 6642/93, KGReport Berlin 1995, 115 = Rpfleger 1995, 508; OLG Koblenz v. 22.4.1994 – 14 W 225/94, MDR 1995, 101 [102]; die von BLAH/Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, §§ 91 Rz. 154, 127 Rz. 101 für die weiterhin gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des OLG Köln FamRZ 1998, 835 ff. ist sachlich ein Fehlzitat, und auch Enders, JurBüro 1997, 449 ff. beachtet an der vom Kläger in Bezug genommenen Stelle S. 453 bei Fn. 22 die Änderung der Gesetzeslage nicht). Vielmehr sind beide Parteien gleich zu behandeln, sodass die Kosten der PKH-Beschwerde nicht aufgrund der in der Hauptsache ergangenen Kostenentscheidung als Vorbereitungskosten des obsiegenden Klägers festgesetzt werden können.

Die sofortige Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Kaul

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104033

OLGR-CBO 2002, 323

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?