Normenkette

ZPO §§ 13, 29, 36, 281 Abs. 2 S. 4

 

Verfahrensgang

AG Lehrte (Aktenzeichen 13 C 365/03)

AG Hannover (Aktenzeichen 532 C 1819/03)

 

Tenor

Das AG Lehrte wird als das zuständige Gericht bestimmt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I. Die Beklagte beauftragte das Büro der Kläger u.a. im Rahmen eines Betreuungsverfahrens.

Die Kläger stellten ihre Leistung unter dem 8.1.2002 in Rechnung; nachdem Zahlungen der Beklagten nicht erfolgten, beantragten sie die Durchführung des Mahnverfahrens vor dem AG Hannover mit der Maßgabe, das streitige Verfahren ebenfalls vor dem AG Hannover durchzuführen.

Nach Überleitung in das streitige Verfahren erteilte das AG Hannover den Klägern am 5.2.2003 einen Hinweis dahin gehend, dass die Zuständigkeit des AG Hannover nicht gegeben sein dürfte unter Bezugnahme auf Entscheidungen des LG Frankfurt/Main und des AG Spandau.

Auf den darauf folgenden Verweisungsantrag der Kläger, zu dem der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt worden war, verwies das AG Hannover den Rechtsstreit durch Beschluss vom 19.3.2003 an das AG Lehrte.

Durch Beschluss vom 24.4.2003 hat das AG Lehrte die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und den Rechtsstreit dem OLG gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.

II. Als zuständiges Gericht ist das AG Lehrte zu bestimmen. Dort hat die Beklagte ihren Wohnsitz und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand gem. § 13 ZPO.

Offen bleiben kann, ob für die Honorarklage der Kläger daneben auch das AG Hannover nach § 29 ZPO (Kanzleisitz als Erfüllungsort) zuständig war mit der Folge, dass die Kläger ihr Wahlrecht zwischen beiden Gerichten gem. § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO verbindlich und unwiderruflich dadurch ausgeübt haben, dass sie das AG Hannover im Mahnbescheidsantrag als das Gericht bezeichnet haben, vor dem das streitige Verfahren durchgeführt werden sollte.

Denn selbst wenn der Senat sich der h.M. anschließen sollte, wonach für anwaltliche Honoraransprüche der Kanzleisitz Erfüllungsort ist (vgl. BGH v. 31.1.1991 – III ZR 150/88, MDR 1991, 800 = NJW 1991, 3095; v. 29.1.1986 – IVb ZR 8/85, BGHZ 97, 79 = MDR 1986, 483) wäre der Verweisungsbeschluss des AG Hannover vom 19.3.2003 bindend gem. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO n.F. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn dem Verweisungsbeschluss jegliche Grundlage fehlt und er deshalb objektiv willkürlich erscheint (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 281 Rz. 17). Das ist hier nicht der Fall. Die dem Verweisungsbeschluss zu Grunde liegende Rechtsauffassung, Erfüllungsort sei der Wohnsitz der Beklagten, ist jedenfalls vertretbar.

Das AG Hannover hat in seinem Hinweis vom 5.2.2003 darauf verwiesen, den Gerichtsstand des § 29 ZPO geprüft zu haben und im Hinblick auf die Entscheidungen des LG Frankfurt a.M. (LG Frankfurt a.M. v. 3.4.2001 – 2/15 S 244/00, 2640; AG Spandau NJW 2000, 1654), einen Gerichtsstand am Sitz der Kanzlei der Kläger zu verneinen.

Das LG Frankfurt/Main hat diesbezüglich ausgeführt, dass kein Schwerpunkt des Anwaltsvertrages am Sitz der Kanzleien erkennbar sei, auf Grund der geänderten Rahmenbedingungen anwaltlicher Tätigkeit, wie Wegfall der Zulassungsbeschränkung für Verfahren vor LG, dem Zusammenschluss von Rechtsanwälten in überörtlichen Sozietäten und dem Einsatz moderner Kommunikationsmittel müsse der Mandant nicht mehr zwangsläufig persönlich zum Beratungsgespräch in den Kanzleiräumen des Anwalts erscheinen. Daher sei das Bild des Anwalts, der in seinen Kanzleiräumen arbeite und Termine bei Gerichten wahrnehme, bei denen im Allgemeinen auch der für die betreffende Kanzlei zuständige Gerichtsstand begründet sei, überholt. Aus der Natur des Anwaltsvertrages könne daher kein einheitlicher Erfüllungsort hergeleitet werden.

Diese Argumente gegen die h.M. sind nachvollziehbar und vertretbar. Ein gemeinsamer Erfüllungsort am Kanzleisitz des Rechtsanwalts wurde und wird mit weiteren beachtlichen Argumenten auch von weiteren Gerichten (AG Frankfurt a.M. NJW 2000, 1802; LG München I v. 5.7.2001 – 13 S 8763/01, NJW-RR 2002, 206; LG Berlin v. 2.5.2001 – 54 S 28/01, NJW-RR 2002, 207 [für Steuerberater]) abgelehnt. Auf Grund dessen kann dem Verweisungsbeschluss die Bindungswirkung nicht abgesprochen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104212

OLGR-CBO 2003, 291

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