Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährung bei rechtlich selbständigen wechselseitigen Zugewinnausgleichsansprüchen; keine verjährungshemmende Verhandlung zwischen Ehegatten bei reiner Wiederholung bereits eindeutig abgelehnter Vergleichsangebote
Leitsatz (amtlich)
1. Die wechselseitigen Ansprüche der Ehegatten auf Zugewinnausgleich sind sowohl nach allgemeinen Regeln als auch nach dem Verständnis der konkreten Ansprüche aus dem Güterrecht rechtlich jeweils selbständig zu beurteilen und können insbesondere auch hinsichtlich ihrer Verjährung ein grundsätzlich selbständiges Schicksal haben. Insoweit kommt eine Hemmung der Verjährung des Leistungsanspruchs des einen Ehegatten aufgrund der früheren gerichtlichen Geltendmachung des gegenläufigen Leistungsanspruches des anderen Ehegatten nicht in Betracht.
2. Verhandlungen im Sinne des § 203 Satz 1 BGB sind anzunehmen, wenn der Gläubiger klarstellt, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will, und sich zum anderen hieran ein ernsthafter Meinungsaustausch anschließt. Dies ist nicht der Fall, wenn ein derartiger Anspruch vom Schuldner rundweg und abschließend abgelehnt wird, ohne dass sich insofern für den Gläubiger Anhaltspunkte dafür ergeben konnten, dass eine in einem früheren Austausch abschließend geklärte und nunmehr lediglich noch einmal wiederholte Position zur Frage eines Zugewinnausgleichsanspruches weiter verhandelbar sein könnte.
Normenkette
BGB §§ 203-204
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 613 F 1168/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 22. Oktober 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 100.000 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt im vorliegenden Verfahren die Antragsgegnerin auf Zahlung eines Zugewinnbetrages in Höhe von 100.000 EUR in Anspruch, die ihrerseits den Verjährungseinwand erhebt.
Die am 18. Februar 2000 geschlossene Ehe der Beteiligten, die im gesetzlichen Güterstand lebten, ist auf am 4. November 2015 zugestellten Antrag mit Beschluss vom 10. September 2016 - rechtskräftig seit dem 19. September 2016 - geschieden worden. Ein von den Verfahrensbevollmächtigten der Ehefrau nach wiederholten vergeblichen außergerichtlichen Auskunftsanforderungen zu den Stichtagen im Rahmen des Scheidungsverfahrens schriftsätzlich geltend gemachter und auf Leistung eines Zugewinnausgleichsbetrages an sie gerichteter Stufenantrag ist zu Beginn des diesbezüglichen (ersten) Anhörungstermins noch auf der Auskunftsstufe zurückgenommen worden.
Parallel zum seinerzeitigen Scheidungsverfahren haben beide Beteiligte die Auffassung vertreten, Anspruch auf eine Zugewinnausgleichszahlung gegen den jeweils anderen zu haben und diesbezüglich - sowie hinsichtlich weiterer wechselseitiger, nicht im Verbundverfahren gegenständlicher Ansprüche - Stellungnahmen ausgetauscht bzw. jeweils auf ihrer Kernposition beruhende Vergleichsvorschläge unterbreitet. Dabei errechnete sich der Antragsteller - im Wesentlichen beruhend auf der Annahme von erheblichen Wertsteigerungen einer im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehenden Immobilie - einen eigenen Zugewinnausgleichsanspruch von mindestens 150.000 EUR, während die Antragsgegnerin gut 33.000 EUR zu ihren Gunsten ermittelt hat; an diesen unvereinbaren Positionen bezüglich des Zugewinnausgleichs hielten die Beteiligten bis zum Ende ihres diesbezüglichen Schriftwechsels im Oktober 2016 ausdrücklich fest. Daneben hat sich der Antragsteller außergerichtlich berühmt, gegen die Antragsgegnerin Ansprüche auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt sowie Kindesunterhalt zu haben. Schließlich geht es auch um eine Vermögenauseinandersetzung hinsichtlich einer gemeinsamen Eigentumswohnung sowie einer weiteren von beiden Eheleuten finanzierten Immobilie in Kroatien, hinsichtlich derer die Antragsgegnerin einen abredewidrigen Alleinerwerb durch den Antragssteller behauptet und diesbezügliche Ersatzansprüche thematisiert.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2019 (Bl. I 193 ff. d.A.) wandte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers unter dem Betreff "Nachehelicher Unterhalt" an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin und kam - erstmals seit der Scheidung - wieder auf die in den bis Oktober 2016 geführten Schriftwechseln thematisierten und noch offenen wechselseitigen Ansprüche zurück, namentlich auf Ansprüche auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt, Kindesunterhalt "und Zugewinn" sowie die Vermögensauseinandersetzung (Übertragung des ideellen Miteigentumsanteils an der Eigentumswohnung). Dabei sollte in einer vergleichsweisen Regelung zur Erledigung aller streitigen Themen die Antragsgegnerin ihr hälftiges ideelles Eigentum an der Eigentumswohnung auf den Antragsteller übertragen sowie "zur Abgeltung des Zugewinns und des nachehelichen Unterhalts" 30.000 EUR an ihn zahlen.
Mit Schreiben vom 7. März 2019 (Bl. I 62 ff. d.A.) antwortete die Verfahrensbevollmächtigte der Antrag...