Leitsatz (amtlich)

1. Die Heranziehung eines Verfahrensbeteiligten als Zweitschuldner für die Kosten des Verfahrens gemäß §§ 26 Abs. 2 Satz 1, 24 Nr. 1 FamGKG setzt voraus, dass konkrete Feststellungen seitens der Landeskasse dafür getroffen wurden, dass die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Allein die Widergabe des Gesetzestextes ist hierfür nicht ausreichend (vgl. OLG Celle, vom 22.11.2013 - 2 W 250/13, AGS 2014, 133).

2. Das von einem Beteiligten außergerichtlich eingeholte Privatgutachten zur Abstammung eines Kindes kann nach Maßgabe des § 177 Abs. 2 FamFG nur dann im Verfahren verwendet werden und die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens ersetzen, wenn das Privatgutachten der rechtlich verbindlichen "Richtlinie der Gendiagnostikkommission (GEKO) für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen zur Klärung der Abstammung" entspricht. Dies setzt insbesondere voraus, dass die Identitätssicherung nach IV. der Richtlinie gewährleistet ist.

3. Im Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft ist neben dem rechtlichen Vater der potentielle biologische Vater nicht in das Abstammungsgutachten als Untersuchungsperson einzubeziehen. Hierdurch entstehende Mehrkosten sind nicht erforderlich i.S.v. §§ 80, 81 FamFG, beruhen auf einer nicht richtigen Sachbehandlung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 FamGKG) und sind von den Verfahrensbeteiligten nicht zu tragen (vgl. OLG Celle, v. 19.6.1995 - 15 W 33/95, NdsRpfl 1995, 268).

4. Wird das Kind in einem Abstammungsverfahren durch das Jugendamt als Ergänzungspfleger oder die alleinsorgeberechtigte Mutter vertreten, ist die - mit Kosten verbundene - Bestellung eines Verfahrensbeistands nach § 174 FamFG grundsätzlich nicht erforderlich und kommt nur in Betracht, wenn dies aus besonderen Gründen zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes notwendig ist.

 

Verfahrensgang

AG Neustadt a. Rbge. (Aktenzeichen 34 F 64/16)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3 werden der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. Rbge. vom 9. August 2017 nebst der Vorlageverfügung vom 5. September 2017 sowie die Zweitschuldnerkostenrechnung der Kostenbeamtin des Amtsgerichts Neustadt a. Rbge. vom 13. Juni 2017 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

II. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

Gründe

Die am xx. xx 2014 geborene Beteiligte zu 1 ist aus der Ehe des Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 3 hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. Rbge. vom xx. xx 2015 - xx - rechtskräftig geschieden.

Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 beantragten die Beteiligte zu 3 und Herr M.xx G.xx im Verfahren xx festzustellen, dass der Herr M.xx G.xx der Vater der Beteiligten zu 1 ist und führten hierzu aus, dass Herr G.xx die Vaterschaft beim Standesamt mit Zustimmung der Beteiligten zu 3 bereits anerkannt habe, jedoch der Beteiligte zu 2 sich in keiner Weise an der Klärung der Vaterschaft beteilige. Im Schreiben vom 23. Mai 2016 wies das Amtsgericht die dortigen Antragsteller darauf hin, dass vor der begehrten Vaterschaftsfeststellung die durch Ehe begründete Vaterschaft des Beteiligten zu 2 angefochten werden müsse. Diese Anfechtung könne jedoch nicht durch Herrn G.xx, sondern allein durch die Beteiligte zu 3 oder das betroffene Kind selbst erfolgen, wobei die Anfechtungsfrist zu beachten sei. Auf den weiteren Hinweis des Amtsgerichts in diesem Schreiben wurde der Antrag zurückgenommen und das vorliegende Verfahren eingeleitet.

Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2016 beantragte die Beteiligte zu 3 festzustellen, dass der Beteiligte zu 2 nicht der Vater der Beteiligten zu 1 sei und wies darauf hin, dass Herr G.xx bereits die Vaterschaft anerkannt habe und darüber hinaus ein privat eingeholtes Gutachten zur Vaterschaft vorliege. Nachdem das Amtsgericht die aktuelle Anschrift des Beteiligten zu 2 durch eine Behördenauskunft ermittelt hatte, hat es mit Verfügung vom 7. Juli 2016 Termin zur Anhörung der Beteiligten anberaumt und Herrn G.xx als Zeugen verfahrensleitend geladen. Die Antragsschrift sowie die Ladung wurden dem Beteiligten zu 2 unter dem 9. Juli 2016 zugestellt. Zu dem Anhörungstermin ist der Beteiligte zu 2 jedoch nicht erschienen. In diesem Termin wies das Amtsgericht darauf hin, dass dem betroffenen Kind ein Verfahrensbeistand zu bestellen sei und das Privatgutachten nicht verwertet werden könne, weil die Kindesmutter in dieses nicht einbezogen worden war. Der Zeuge G.xx bekundete, dass er von September bis Dezember 2013 eine intime Beziehung zu der Kindesmutter gehabt habe.

Mit Beschluss vom 9. August 2016 bestellte das Amtsgericht Rechtsanwältin S. gemäß § 174 FamFG zur Verfahrensbeiständin für das betroffene Kind mit dem Aufgabenbereich, die Interessen des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen sowie das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglich...

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