Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Mehrheitsbeschluss über Ausschluss vom Energiebezug bei Wohngeldrückständen

 

Verfahrensgang

AG Hannover (Aktenzeichen 71 II 119/89)

LG Hannover (Aktenzeichen 1 T 31/90)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 20. Juni 1990 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 5.000 DM.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsgegner bewohnt einen Bungalow, dessen Verkehrswert ungefähr 275.000 DM beträgt, während das Objekt mit Grundpfandrechten in Höhe von 500.000 DM belastet ist.

Der Antragsgegner hatte in der Vergangenheit das von ihm geschuldete Wohngeld mehrfach nicht gezahlt, so daß Rückstände von 16.007 DM aufgelaufen waren. Verschiedene Vollstreckungsversuche blieben ohne Erfolg. Im Juni 1988 schlossen die Beteiligten einen Vergleich, durch den die Eigentümergemeinschaft dem Antragsgegner seine Schulden bis auf 10.000 DM erließ, sofern er diesen Betrag bis Ende Juli 1988 ausgleichen würde.

In diesem Verfahren ist der Antragsgegner verurteilt worden, weitere Wohngeldrückstände in Höhe von 4.836 DM zu zahlen, die sich auf das Jahr 1988 beziehen.

Die Beteiligten zu 1. haben ferner beantragt, das Unterbrechen oder Plombieren der Wasser- und Heizungszuleitungen solange zu gestatten, bis der Antragsgegner weder mit den Zahlungen für die Hausgeldabrechnung noch mit den entsprechenden Vorauszahlungen in Rückstand ist. Wie in diesem Zusammenhang unwidersprochen vorgetragen worden ist (Bl. 105 d.A.), haben die früheren Eigentümerinnen … und … ihr Wohneigentum veräußern müssen, weil sie nicht in der Lage waren, ihren infolge des Hausgeldrückstands des Antragsgegners erhöhten Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Eigentümergemeinschaft nachzukommen.

Amts- und Landgericht haben den Antrag mangels einer gesetzlichen Grundlage abgelehnt.

II.

Die gemäß den §§ 43, 45 WEG, 27 FGG zulässige weitere Beschwerde hat keinen Erfolg. Zwar ist die Begründung des Landgerichts rechtlich nicht zutreffend, die Entscheidung erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§§ 27 FGG, 563 ZPO).

1. Den Vorinstanzen ist allerdings darin beizutreten, daß es problematisch erscheint, für das Begehren der Antragsteller eine Rechtsgrundlage zu finden, weil in § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG bestimmte Folgen eines erheblichen Zahlungsverzuges gesetzlich geregelt sind, und zwar in dem Sinne, daß die Eigentümer unter den zusätzlich in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen die Veräußerung des Wohneigentums verlangen dürfen und deshalb der Schluß naheliegt, es handele sich um eine abschließende gesetzliche und somit der erweiternden Auslegung nicht zugängliche Regelung, zumal zusätzlich § 45 Abs. 3 WEG auf die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach der Zivilprozeßordnung verweist.

2. Auf der anderen Seite liegt auf der Hand, daß die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen die Eigentümergemeinschaft in unerträglicher Weise rechtlos stellt. Schließt man sich nämlich der Auffassung an, bei § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG handele es sich um eine abschließende Spezialregelung, so ist der Wohnungseigentümer, wie Happ (WE 1988, 3) zutreffend hervorhebt, in der Lage, seine Wohnung unbegrenzt zeitlich zu nutzen, ohne Wohngeld zu zahlen, sofern es ihm nur gelingt, sein Eigentum in erheblich höherem Maße mit Grundpfandrechten zu belasten als dies dem Verkehrswert des Objekts entspricht, weil sich in einem derartigen Fall im Zwangsversteigerungsverfahren kein Erwerber finden wird, der ein Gebot abgibt, denn er müßte die vorrangigen Grundpfandrechte als Teil des geringsten Gebots übernehmen (§ 52 ZVG). In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, daß der säumige Wohnungseigentümer diese Konsequenz – wobei ihm das kaum nachzuweisen sein dürfte – auch selbst herbeiführen kann, indem er zunächst Eigentümergrundschulden bestellt und diese dann an Verwandte abtritt. Unter diesen Umständen vermag der Hinweis des Landgerichts, dem Vermieter sei es ebenfalls nicht gestattet, bei Mietrückständen die Fenster auszuhängen, deshalb nicht zu überzeugen, weil der Gesetzgeber durch die Räumungsklage (§ 554 BGB) dem Vermieter ein wirksames Mittel an die Hand gegeben hat, zumindest das Auflaufen weiterer Schulden für die Zukunft zu verhindern, während nach dem zuvor Gesagten der Eigentümer zeitlich unbegrenzt auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft wohnen könnte.

3. Die hier erörterte Problematik ist in der Literatur (Bärmann Pick/Merle, 6. Aufl. 1987, Rdn 2; Weitnauer …, 7. Aufl. 1988, Rdn 1; Palandt-Bassenge, 49. Aufl. 1990, Rdn 1, RGR-K Augustin, 12. Aufl., 1983, Rdn 2; Röll im MüKo, 2. Aufl. 1986, Rdn 1; Soergel-Stürmer, 12. Aufl. 1989, Rdn 1; Erman-Ganten, 8. Aufl., 1989, Rdn 1, … zu § 18 WEG) teilweise gesehen worden, Lösungsansätze fehlen indessen. Soweit ersichtlich, gilt das auch für Gerichtsentscheidungen.

Nach Auffassung des Senats kann § 18...

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