Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtlicher Vorteil für Minderjährige
Leitsatz (amtlich)
Die Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Genehmigung eines unentgeltlichen Übertragungsvertrags ist notwendig, wenn die Eltern der minderjährigen Übernehmerin ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundbesitz erhalten sollen und eine Pflicht der Eltern zur Übernahme von Kosten jeglicher Art nicht vereinbart ist (Aufgabe von OLG Celle, Beschluss vom 16.2.2001, Az: 4 W 324/00).
Normenkette
BGB §§ 107, 1909
Verfahrensgang
AG Gifhorn (Beschluss vom 09.09.2013; Aktenzeichen Müden Blatt 850) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Gifhorn vom 9.9.2013 i.d.F. des Nichtabhilfebeschlusses vom 1.10.2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragsteller begehren die Eintragung einer Eigentumsumschreibung und eines Nießbrauchsrechts. Die Beteiligte zu 1 übertrug ihrer minderjährigen Enkeltochter, der Beteiligten zu 2, den streitgegenständlichen Grundbesitz nebst Anteilen an der Forstinteressentenschaft M. im Wege vorweggenommener Erbfolge. Zugunsten ihrer Eltern, den Beteiligten zu 3 und 4, räumte die Beteiligte zu 2 ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht ein. Weitere Regelungen hinsichtlich des Nießbrauchsrechts enthält die Vertragsurkunde nicht.
Das Grundbuchamt hat die begehrten Eintragungen von der Genehmigung eines die Beteiligte zu 2 vertretenden Ergänzungspflegers abhängig gemacht, weil der Übertragungsvertrag mit der Bestellung des Nießbrauchsrechts nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit der Beschwerde vom 26.9.2013. Nachdem sie als Begründung zuerst angegeben haben, sie hätten erst jetzt den Antrag auf Bestellung eines Ergänzungspflegers stellen können, verweisen sie nunmehr zur Begründung dazu, dass die Übertragung lediglich rechtlich vorteilhaft wäre, auf die Entscheidung des BGH zum Aktenzeichen V ZB 13/04 (z.B. in NJW 2005, 415 ff.).
II. Die gem. § 71 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Grundbuchamt hat zu Recht die Übertragung des Grundbesitzes auf die Beteiligte zu 2 von der Genehmigung eines Ergänzungspflegers abhängig gemacht.
1. Die Beteiligte bedarf als Minderjährige gem. den §§ 107, 108 BGB der Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters, wenn es sich um den Abschluss eines nicht lediglich rechtlich vorteilhaften Geschäfts handelt. Können die Eltern ihr Kind nicht vertreten, weil auch ein Vormund von der Vertretung ausgeschlossen wäre, § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 1695 Abs. 1 Nr. 1 BGB, ist gem. § 1909 BGB ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
2. Die Beteiligte zu 2 erlangt durch den Vertrag nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Ein auf den Erwerb einer Sache gerichtetes Rechtsgeschäft ist für Minderjährige nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn er in dessen Folge mit Verpflichtungen belastet wird, für die er nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich mit seinem sonstigen Vermögen haftet (BGH NJW 2010, 3643, Rz. 6 - aus juris; BGH NJW 2005, 415 [417]). Die Beurteilung ist unabhängig davon, ob die weiter gehenden Verpflichtungen von dem Beteiligten des Rechtsgeschäfts angestrebt worden sind; es genügt, wenn sie die gesetzliche Folge des angestrebten Rechtsgeschäfts sind. Erforderlich ist hierfür eine isolierte Betrachtung allein des dinglichen Erwerbsgeschäfts (BGH NJW 2010, 3643, Rz. 6; BGH NJW 2005, 415 [416 f.]). Haftet die Minderjährige nicht nur dinglich mit dem erworbenen Grundstück, sondern auch persönlich mit dem eigenen Vermögen, ist das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft (BGH NJW 2005, 1430 f.).
Dies ist hier der Fall. Eine Beschränkung der Haftung der Beteiligten zu 2 auf den Grundbesitz ist nicht gegeben. Zwar ist nach der von den Beteiligten zitierten Rechtsprechung des BGH der Erwerb eines Grundstücks unter gleichzeitiger Bestellung eines Nießbrauchsrechts nicht von der Genehmigung eines Ergänzungspflegers abhängig, wenn der Nießbraucher gleichzeitig über die sich aus §§ 1041, 1047 BGB ergebenden Belastungen hinaus auch die Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen und Erneuerungen sowie die außergewöhnlichen Grundstückslasten zu tragen hat (ebenso OLG München NJW-RR 2012, 137). Hiervon ist der vorliegende Sachverhalt jedoch zu unterscheiden. Die Vertragsbeteiligten haben gerade keine derartige Abrede getroffen, dass die Nießbrauchsberechtigten sämtliche Kosten pp. zu tragen hätten. Ihr Einwand, bei dem übertragenen Grundbesitz handele es sich um eine Ackerfläche und Kosten, außergewöhnliche Ausbesserungen und Erneuerungen sowie außergewöhnliche Grundstückslasten würden nicht anfallen, ist unerheblich. Denn der Anfall entsprechender Kosten kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Abgesehen davon bleibt die Möglic...