Leitsatz (amtlich)

Die Frist des § 926 Abs. 1 ZPO ist auch dann noch gewahrt, wenn die Zustellung der rechtzeitig bei Gericht eingegangenen Klage "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 167, 926

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Beschluss vom 07.03.2007; Aktenzeichen 4 O 159/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde werden der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Verden vom 7.3.2007 abgeändert und die Kosten des Verfahrens - einschließlich derjenigen des Beschwerdeverfahrens - der Verfügungsbeklagten auferlegt.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 1.500 EUR.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Unterlassung verschiedener von ihr verwendeter Vergütungsklauseln erhoben. Mit Urteil vom 27.9.2006 hat der Senat in zweiter Instanz die Unterlassung von zwei der drei beanstandeten Klauseln angeordnet. Die Verfügungsbeklagte hat daraufhin beantragt, dem Verfügungskläger eine Frist zur Erhebung der Klage in der Hauptsache zu setzen, soweit ihr untersagt worden ist, die Vergütungsklauseln bezüglich der Rückbuchung von Schecks/

Lastschriften weiter zu verwenden. Mit Beschluss vom 22.11. hat das LG dem Verfügungskläger eine Frist zur Erhebung der Klage bis zum 22.12.2006 gesetzt. Die Klage ist am 7.12.2006 bei Gericht eingegangen; mit Beschluss vom 11.12.2006 ist der Streitwert festgesetzt und der Verfügungskläger zur Zahlung eines entsprechenden Kostenvorschusses aufgefordert worden, der am 15.1.2007 eingezahlt worden ist. Die Klage ist dann am 23.1.2007 zugestellt worden. Schon am 11.1.2007 hatte die Verfügungsbeklagte den Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gestellt. Nach Zustellung der Klage haben die Parteien die Sache in der Hauptsache übereinstimmt für erledigt erklärt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG Verden die Kosten des Verfahrens dem Verfügungskläger mit der Begründung auferlegt, die Klage sei erst nach Fristablauf zugestellt worden. Die Zustellung sei auch nicht mehr "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt.

Hiergegen wendet sich der Verfügungskläger mit der sofortigen Beschwerde.

II. Die gem. § 91a Abs. 2, §§ 567 ff. ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kosten des Verfahrens sind nach billigem Ermessen nach bisherigem Sach- und Streitstand der Verfügungsbeklagten aufzuerlegen.

1. Gemäß §§ 926, 936 ZPO hat das Gericht - sofern die Hauptsache nicht anhängig ist - auf Antrag ohne mündliche Verhandlung anzuordnen, dass die Partei, die die einstweilige Verfügung erwirkt hat, binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat. Wird dieser Anordnung nicht Folge geleistet, ist auf Antrag die Aufhebung des Arrestes durch ein Urteil auszusprechen (§ 926 Abs. 2 ZPO). Wird die Hauptsacheklage nicht fristgerecht erst im Laufe des Aufhebungsverfahrens nach § 926 Abs. 2 ZPO erhoben und erklären die Parteien das Aufhebungsverfahren übereinstimmend für erledigt, treffen den Gläubiger die Kosten, weil sich durch sein Verhalten das Aufhebungsverfahren nachträglich erledigt hat (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 926 Rz. 26).

Wäre die Klage indessen rechtzeitig erhoben worden, hätte sie ohne die Erledigungserklärung der Parteien in der Sache ebenfalls Erfolg gehabt. Insoweit kann auf die Ausführungen in dem Senatsurteil vom 27.9.2006 (3 U 124/06) Bezug genommen werden.

2. Es kommt daher allein darauf an, ob die Hauptsacheklage rechtzeitig erhoben worden ist. Maßgeblich ist insoweit die Zustellung der Klageschrift und nicht deren Eingang bei Gericht (vgl. § 261 Abs. 1 ZPO sowie Zöller/Vollkommer, a.a.O., Rz. 32; Musielak/Huber, ZPO, 5. Aufl., § 926 Rz. 15). Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden, tritt diese Wirkung jedoch auch dann ein, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt (§ 167 ZPO). Die Zustellung wirkt dann auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung zurück. Der Senat schließt sich der überwiegend vertretenen Auffassung an, dass § 167 ZPO auch im Fall des § 926 ZPO Anwendung findet (Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 926 Rz. 32; OLG Köln v. 23.6.1999 - 6 W 12/99, OLGReport Köln 1999, 400 jeweils m.w.N.).

Die vereinzelt in der Instanzrechtsprechung vertretene Auffassung, es komme allein auf den Zeitpunkt der Zustellung an und nicht, ob sie "demnächst" erfolge (vgl. hierzu OLG Koblenz v. 8.12.1994 - 6 U 1368/94 (Kart), NJW-RR 1995, 443, 444 sowie Musielak/Huber, a.a.O., m.w.N.), vermag nicht zu überzeugen. Das OLG Koblenz hat seine abweichende Ansicht damit begründet, dass derjenige, der einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gem. § 926 Abs. 2 ZPO stellt, im Ergebnis besonders schützenswert ist, weil die einstweilige Verfügung im summarischen Verfahren ergangen ist und dem Gläubiger daher zuzumuten ist, die zugrunde liegenden Tatsachen im ordentlichen Verfahren zu beweisen, und er nicht auf Dauer von seinem seiner Natur und Zweckbestimmung nach nur vorläufigen Titel Gebrauch machen können soll (OLG Koblenz, a.a.O.). Das Gesetz wolle ihm ke...

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