Leitsatz (amtlich)
Die Verhängung einer Verzögerungsgebühr ist gerechtfertigt, wenn eine Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung in die Säumnis flieht, um der gem. § 296 ZPO drohenden Zurückweisung verspäteten neuen Vorbringens im Termin zu entgehen.
Normenkette
GKG § 38; BGB § 276
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Beschluss vom 27.06.2007; Aktenzeichen 1 O 219/06) |
Tenor
Die am 18.7.2007 beim LG Bückeburg eingegangene Beschwerde der Beklagten vom selben Tage gegen den Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 27.6.2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 398 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die gem. § 69 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 3 GKG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Der Beschluss des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 27.6.2007, durch den gegen die Beklagten jeweils eine besondere Gebühr gem. § 38 GKG festgesetzt worden ist, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
1. Die Voraussetzungen für die Verhängung einer Verzögerungsgebühr gem. § 38 GKG lagen vor. Durch Verschulden der Beklagten war die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig, weil die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.5.2007 die sog. "Flucht in die Säumnis" angetreten und danach gegen das erlassene Versäumnisurteil Einspruch eingelegt haben.
Die Beklagten haben erst im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.5.2007 neuen Sachvortrag in den Prozess eingeführt, obwohl sie diesen Sachvortrag bei Beachtung der ihnen obliegenden Prozessförderungspflicht (§ 282 Abs. 1 ZPO) früher hätten halten können und müssen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des LG in seinem Beschluss vom 27.6.2007 Bezug genommen.
Die Klage ist beiden Beklagten am 12.12.2006 zugestellt worden, nachdem das LG Bückeburg mit Verfügung vom 7.12.2006 das schriftliche Vorverfahren angeordnet hatte. Mit Schriftsatz vom 27.12.2006, beim LG eingegangen am 2.1.2007, haben die Beklagten ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt und sodann nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 31.1.2007 auf die Klage erwidert. In der Klageerwiderung haben die Beklagten unter Vorlage einer anderen Pachtvertragsurkunde geltend gemacht, dass eine andere Pachtzinshöhe vereinbart worden sei. Ferner haben die Beklagten in Abrede gestellt, dass nur die von der Klägerseite behaupteten Pachtzinszahlungen erfolgt seien. Mit Verfügung vom 5.3.2007 hat das LG Bückeburg Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14.5.2007 anberaumt und zu diesem Termin prozessleitend Zeugen geladen.
Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beklagten sodann mündlich umfangreich neu zur Sache vorgetragen, woraufhin das LG darauf hingewiesen hat, dass dieser Sachvortrag verspätet sein dürfte. Nachdem die Klägervertreterin das neue Vorbringen bestritten und Verspätung gerügt hat, regten die Beklagten wegen einer unmittelbar bevorstehenden Veräußerung des streitgegenständlichen Pachtobjekts eine Aussetzung des Verfahrens an, was von der Klägerseite abgelehnt worden ist. Daraufhin erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, dass er nicht auftreten werde.
Dies zugrunde gelegt, steht fest, dass das Verhalten der Beklagten bzw. das ihnen gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnende Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten dafür ursächlich geworden ist, dass die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig war.
2. Die Beklagten können sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei einer "Flucht in die Säumnis" die Verhängung einer Verzögerungsgebühr nicht statthaft sei.
a) § 38 GKG kommt auch dann zur Anwendung, wenn eine Partei von der Möglichkeit Gebrauch macht, in die Säumnis zu fliehen (vgl. Mayer, GKG, 5. Aufl., § 38 Rz. 7). Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift hängt allein davon ab, ob das schuldhafte Verhalten einer Partei die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig macht oder nicht. Ein solcher Fall ist aber auch dann gegeben, wenn eine Partei nach Hinweis des Gerichts auf die Verspätung des Sachvortrags die "Flucht in die Säumnis" antritt. Entgegen der Ansicht des OLG Hamm (OLG Hamm v. 21.2.1995 - 20 W 5/95, OLGReport Hamm 1995, 119 = NJW-RR 1995, 1406) kann dem Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung dahingehend entnommen werden, dass im Falle der Säumnis die Verhängung einer Verzögerungsgebühr ausscheide. Dagegen spricht bereits die in § 38 Abs. 1 Satz 1 genannten Ausnahmeregelung für die Fälle des § 335 ZPO. Durch die Bezugnahme auf die Vorschriften für das Versäumnisurteil und die Bestimmung einer Ausnahmeregelung für die Fälle des § 335 ZPO folgt im Umkehrschluss, dass die Regelung grundsätzlich auch für den Fall gilt, dass nach einem Versäumnisurteil ein Einspruch eingelegt wird (vgl. Beckmann MDR 2004, 430, 431).
Für diese Auslegung spricht im Übrigen auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bzw. der eindeutige ges...