Leitsatz (amtlich)
Die Werbung eines Autohändlers für Kraftfahrzeuge mit einem bestimmten Preise "zzgl. Überführung" verstößt jedenfalls dann gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PangV, wenn die Überführungskosten mangels eines Angebots an den Kunden, das Fahrzeug selbst beim Hersteller abzuholen, obligatorisch anfallen und wenn die Kosten nicht beziffert sind.
Eine solche Werbung ist regelmäßig geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher und Mitbewerber "nicht unerheblich" i.S.d. § 3 UWG zu beeinträchtigen.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Ziff. 11; PAngV § 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 21 O 88/04) |
Tenor
Die Verfügungsbeklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zur Erklärung der Erledigung der Hauptsache auf 100.000 Euro und für die Folgezeit auf bis zu 19.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, darauf zu achten, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) sind zehn Mazda-Vertragshändler im Raum H. Sie warben am 8.5.2004 in der H. Allgemeinen Zeitung für zwei Mazda-Fahrzeuge mit einer näher beschriebenen Ausstattung. Über der jeweiligen Abbildung des Autos ist blickfangmäßig der Preis "ab 14.300 Euro" bzw. "ab 21.750 Euro" hervorgehoben. Unter dem jeweiligen Preis befindet sich in kleinerer Druckschrift ein Zusatz "zzgl. Metallic-Lackierung und Überführung".
Der Kläger hat die Beklagten im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch genommen. Er hat geltend gemacht, die Werbung verstoße gegen § 1 UWG a.F., § 1 Abs. 1 PAngV, weil der Endpreis nicht angegeben sei. Die Beklagten sind im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entgegen getreten. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Vor der mündlichen Berufungsverhandlung haben die Beklagten strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben. Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
II. Über die Kosten des Rechtsstreits ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden (§ 91a ZPO). Dies führt dazu, die Kosten den Beklagten aufzuerlegen, weil die Berufung des Klägers voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.
1. Für die Prüfung des in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs ist das neue UWG i.d.F. v. 3.7.2004 anzuwenden (§ 22 UWG n.F.).
2. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz dargelegt, dass ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren- oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art - hier Kraftfahrzeuge - auf demselben Markt vertreiben (§ 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG n.F.). Zu seinen Mitgliedern gehören die A. AG und mehrere regionale Kraftfahrzeughändler. Die Mitgliedschaft der A. AG ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu berücksichtigen. Die Beteiligten müssen nicht derselbe Handelsstufe angehören, insb. stehen sich Hersteller und Vertreiber gleich (Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rz. 13).
3. Die Werbung der Beklagten in der H. Allgemeinen Zeitung v. 8.5.2004 stellt eine unlautere Wettbewerbshandlung gem. §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG n.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV dar.
a) Die Beklagten haben durch die beanstandete Werbung gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV verstoßen.
Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der als Anbieter von Waren oder Leistungen ggü. Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer oder sonstiger Preisbestandteile unabhängig von einer Rabattgewährung zu zahlen sind (Endpreise). Zu den "sonstigen Preisbestandteilen" gehören die Überführungskosten für Kraftfahrzeuge jedenfalls dann, wenn sie, wie hier, mangels eines Angebots an den Kunden, das Fahrzeug selbst beim Hersteller abzuholen, obligatorisch anfallen (BGH v. 16.12.1982 - I ZR 155/80, MDR 1983, 819 = NJW 1983, 1558 [1559]; Baumbach/Hefermehl/Köhler, 23. Aufl., § 1 PAngV Rz. 2; Köhler/Piper, § 1 PAngV, Rz. 28). Denn der Verkauf des Fahrzeugs erscheint jedenfalls in diesen Fällen aus Sicht der Letztverbraucher als ein einheitliches Leistungsangebot und Gegenstand eines einheitlichen Vertragsschlusses. Die Überführung des Fahrzeugs zum Händler wird nicht etwa dem Kunden als gesonderte Leistung angeboten.
Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die Frachtkosten dann nicht Bestandteil des Endpreises i.S.d. § 1 Abs. 1 PAngV seien, wenn der in der konkreten Werbung angegebene Preis sie ausdrücklich nicht erfasst (OLG Stuttgart v. 22.8.1997 - 2 U 101/97, OLGReport Stuttgart 1997, 40), kann dem nicht beigetreten werden. Wäre dies richtig, hätte es der Werbende selbst in der Hand, Preisbestandteile, die nach allgemeiner Verkehrsauffassung zu einem einheitlichen Leistungsangebot gehören, entgegen den Zielen der Preisangabenverordnung nicht mit dem...