Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 16 O 179/16) |
Tenor
I. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.749,85 EUR (Berufung: 2.856,95 EUR; Anschlussberufung: 4.892,90 EUR) festgesetzt.
II. Der Senat weist die Parteien auf Folgendes hin:
Die Berufung dürfte hinsichtlich der Reparaturkosten ganz überwiegend Aussicht auf Erfolg haben, während die Erfolgsaussichten der Berufung bezüglich der Wertminderung vom Ergebnis einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten) abhängen.
Die Anschlussberufung dürfte demgegenüber keine Aussicht auf Erfolg haben.
Gründe
1. Im Ansatz zu Recht dürfte die Klägerin rügen, dass das Landgericht die zu ersetzenden Reparaturkosten nicht in vollem Umfang für erstattungsfähig gehalten hat, sondern auf die vom vorgerichtlich beauftragten Sachverständigen S. geschätzten Kosten in Höhe von 10.400,48 EUR zzgl. 198,59 EUR Mehrwertsteuer begrenzt hat. Soweit das Landgericht den Vortrag der Klägerin zur Notwendigkeit der das Schadensgutachten übersteigenden Reparaturkosten als zu unsubstantiiert unberücksichtigt gelassen hat, dürfte dies verfahrensfehlerhaft sein.
Zwar geht das Landgericht vom Grundsatz her zutreffend von einer sogenannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung aus. Danach kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand (nur) die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (u. a. BGH, Urteil vom 26.05.1970 - VI ZR 168/68; Urteil vom 23.01.2007 - VI ZR 67/06; Urteil vom 05.02.2014 - VI ZR 290/11; Urteil vom 15.09.2015 - VI ZR 475/14). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (BGH, Urteil vom 18.01.2005 - VI ZR 73/04). Verursacht allerdings von mehreren zu einem Schadensausgleich führenden zumutbaren Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Nur der für die günstigere Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich (BGH, Urteil vom 26.05.1970 - VI ZR 168/68; Urteil vom 28.06.2011 - VI ZR 184/10; Urteil vom 15.09.2015 - VI ZR 475/14). Die Schadensrestitution ist aber nicht per se auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt; der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen. Ihr Ziel ist vielmehr, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht (BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 471/12). Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, ist auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, hier insbesondere die in seiner individuellen Lage bestehenden Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten, zu nehmen (BGH, Urteil vom 29.10.1974 - VI ZR 42/73; Urteil vom 15.10.1991 - VI ZR 314/90; Urteil vom 22.07.2014 - VI ZR 357/13; Urteil vom 15.09.2015 - VI ZR 475/14).
Der Geschädigte genügt im Rahmen des § 249 BGB seiner Darlegungslast regelmäßig durch Vorlage eines Schadensgutachtens oder durch Vorlage der - von ihm beglichenen - Rechnung über die Reparatur des unfallgeschädigten PKW. Der Geschädigte selbst ist regelmäßig nicht zur Einschätzung des erforderlichen Wiederherstellungsaufwandes in der Lage und deswegen auf das Urteil von Sachverständigen und Fachleuten angewiesen. Da die Schätzung der Kosten im Regelfall vor Beginn der Reparatur vorgenommen wird, ist selbst die sachverständige Prognose mit dem Risiko behaftet, dass sich unter der Reparatur ein verdeckter Schaden zeigt. Dieses Prognose- bzw. Werkstattrisiko ist dem Geschädigten regelmäßig nicht anzulasten, wenn er nach entsprechender Information den Weg der Schadensbehebung mit dem vermeintlich geringsten Aufwand gewählt hat und ihm weder ein eigenes Auswahlverschulden, noch eine unzureichende Überwachung des Reparaturbetriebs vorgeworfen werden kann.
Eine schuldhaft fehlerhafte Auswahl bzw. Überwachung sowohl des Sachverständigen S. als auch der Reparaturwerkstatt durch die Klägerin ist vorliegend nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen.
Dann aber wären der Klägerin grundsätzlich die Kosten zu erstatten, von denen sie nach erfolgter Reparatur aufgrund der gestellten Werkstattrechnung annehmen durfte, dass sie sie als Auftraggeberin schuldet. Der Unfallgeschädigte darf sowohl auf die Sachkunde des Gutachters vertrauen, als auch darauf, dass die Werkstatt nicht betrügerisch Werkleistungen in Rechnung stellt, die gar nicht erbracht wurden. Die Möglichkeit, das Gutachten aus eigener Kenntnis zu überprüfen oder die Durchführung der Reparaturen selbst zu kontrollieren, hat der Geschädigte nur in ...