Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsankündigung als Sachantrag im anwaltlichen Vergütungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein für die Entstehung der vollen Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG notwendiger Sachantrag im Sinne von Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG liegt auch vor, wenn der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten lediglich ankündigt, die Zurückweisung der Berufung zu beantragen.
Normenkette
VV RVG Nr. 3200; VV RVG Nr. 3201
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 5 O 287/16) |
Tenor
Auf die am 18. September 2017 eingegangene sofortige Beschwerde der Beklagten vom 15. September 2017 wird der am 15. September 2017 zugegangene Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 31. August 2017 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die auf Grund des vollstreckbaren Beschlusses des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 19. Juli 2017 (14 U 65/17)
von dem Kläger
an die Beklagten
zu erstattenden Kosten der II. Instanz werden festgesetzt auf 1.975,04 EUR
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 26. Juli 2017.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Beschwerdewert: 513,48 EUR.
Gründe
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Die Sache ist entscheidungsreif, nachdem die dem Kläger mit Verfügung vom 25. September 2017 gesetzte Frist von 10 Tagen zur Stellungnahme zur Beschwerdeschrift fruchtlos verstrichen ist.
Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin angenommen, dass der Kläger den Beklagten für das Berufungsverfahren nur eine ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG anstatt der beantragten Gebühr nach Nr. 3200 VV RVG zu erstatten habe. Eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeit der von den Beklagten im Berufungsverfahren mit ihrer Vertretung beauftragten Prozessbevollmächtigten liegt nicht vor, weil der von den Prozessbevollmächtigten für die Beklagten eingereichte Schriftsatz vom 11. Mai 2017 einen Sachantrag auf Zurückweisung der Berufung im Sinne von Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG enthält.
Das gilt entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin unabhängig davon, dass dieser Antrag mit der Formulierung: "Wir werden beantragen, die Berufung zurückzuweisen", nur angekündigt worden ist (vgl. auch OLG München, AGS 2011, 103 Ziff. 1 a). Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten verwendete Formulierung entspricht einer weit verbreiteten Praxis und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Anträge, sofern nicht im schriftlichen Verfahren entschieden wird, grundsätzlich in der mündlichen Verhandlung zu stellen sind, die gemäß §§ 129 Abs. 1, 130 Nr. 2 ZPO durch Schriftsätze vorbereitet wird. Deshalb ist es sachgerecht, in vorbereitenden Schriftsätzen nur darauf hinzuweisen, welche Anträge die Partei in der Sitzung zu stellen beabsichtigt.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW-RR 2014, 185) ist eine volle 1,6fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG auch dann zu erstatten, wenn die Berufungsbegründung erst nach dem Zurückweisungsantrag eingeht und zwar auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Berufung letztlich auf einen Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen wird (vgl. auch BGH NJW 2004, 73).
Unter Berücksichtigung der Erhöhung für den zweiten Auftraggeber um 0,3 gemäß Nr. 1008 VV RVG ist den Beklagten mithin die mit dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachte 1,9fache Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.975,04 EUR zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren fallen wegen des Erfolges des Rechtsmittels nicht an, Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 11364249 |
JurBüro 2018, 133 |
MDR 2018, 301 |
AGS 2018, 9 |
RVGreport 2018, 54 |