Verfahrensgang

AG Peine (Aktenzeichen 10 F 312/19)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Peine vom 18. März 2020 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Antragsgegner wird in Abänderung des Anerkenntnisbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Peine vom 24. Juli 2019 (10 F 119/19 UK) verpflichtet, an den Antragsteller zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin rückständigen Kindesunterhalt für die Monate November und Dezember 2019 in Höhe von 36 EUR monatlich, für die Monate Januar bis April 2020 in Höhe von 52 EUR monatlich und ab Dezember 2020 in Höhe von 110 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe nach §§ 1612 a, 1612 b BGB abzüglich des jeweiligen hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen.

Der darüber hinausgehende Zahlungsantrag des Antragstellers wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

II. Hinsichtlich des laufenden Kindesunterhalts ab Dezember 2020 wird die sofortige Wirksamkeit dieser Entscheidung angeordnet.

III. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Beschwerdewert wird auf die Gebührenstufe bis 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit dem vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller, der am ... 2017 geborene und bei seiner Mutter lebende Sohn des Antragsgegners, diesen auf Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 110 % des jeweiligen Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes ab November 2019 sowie für die Monate August bis Oktober 2019 auf Zahlung der Differenz zwischen dem Unterhaltsbetrag von 288 EUR monatlich und dem bis Oktober 2019 zu Händen seiner Mutter zunächst noch gezahlten Unterhaltsvorschuss von 150 EUR monatlich, mithin auf 138 EUR monatlich, in Anspruch genommen. Die Bewilligung des Unterhaltsvorschusses wurde rückwirkend vom 1. August 2019 an wieder aufgehoben, die für die Monate August bis Oktober 2019 noch gezahlten monatlich 150 EUR werden durch die Unterhaltsvorschusskasse von der Kindesmutter zurückgefordert.

Der Antragsgegner hatte in erster Instanz unter anderem eingewandt, dem Antrag des Antragstellers fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da in Gestalt eines vom Land Niedersachsen nach § 7 Abs. 4 UVG erstrittenen Anerkenntnisbeschlusses des Amtsgerichts Peine vom 24. Juli 2019 (10 F 119/19 UK) bereits ein vollstreckungsfähiger Titel vorliege, den der Antragsteller lediglich auf sich umschreiben lassen müsse. Dieser Weg stelle eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit dar, den vorgenannten existierenden Titel der materiellen Rechtslage anzupassen.

Auch soweit der Antrag des Antragstellers über den vorgenannten Titel der Höhe nach hinausgehe, unterliege er der Zurückweisung wegen Unzulässigkeit. Denn der Antragsteller hätte einen Antrag auf Abänderung des Anerkenntnisbeschlusses vom 24. Juli 2019 stellen müssen (BGH, Beschluss vom 23. September 2015 - XII ZB 62/14). Liege, wie hier, bereits ein Unterhaltstitel vor, sei ein neuer Leistungsantrag unzulässig; das einleitbare Abänderungsverfahren schließe einen Leistungsantrag aus.

Mit Beschluss vom 18. März 2020 hat das Amtsgericht dem Antrag des Antragstellers in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, ein Rechtsschutzbedürfnis sei durchaus gegeben. Zwar sei dem Antragsgegner darin Recht zu geben, dass eine Titelumschreibung grundsätzlich möglich gewesen wäre, was an sich die kostengünstigere Lösung wäre. Diese mache aber nur dann Sinn, wenn nur das begehrt werde, was im ursprünglichen Titel ausgewiesen sei. Der Zweck des gemäß § 120 Abs. 1 FamFG anwendbaren § 727 ZPO bestehe darin, die zur Vollstreckung notwendige Anpassung eines bestehenden Titels an eine nachträgliche Veränderung der materiellen Berechtigung bzw. Verpflichtung zu ermöglichen. Dies könne jedoch dann nicht greifen, wenn ein mehr verlangt werde. Insoweit müsse der Antragsteller auch keine Abänderung des Alttitels beantragen, da dieser nicht zwischen ihm und dem Antragsgegner ergangen sei.

Der Antrag sei auch begründet. Ausweislich der vorgelegten Verdienstbescheinigungen könne der Antragsgegner zumindest 2.000 EUR netto monatlich verdienen. Dieses Einkommen sei zumindest fiktiv zuzurechnen, zumal die von dem Antragsteller behauptete Nebentätigkeit des Antragsgegners von diesem nicht bestritten worden sei. Damit sei der Antragsgegner in die zweite Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen. Da er nur einem Kind gegenüber zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet sei, sei eine Höherstufung um eine Stufe vorzunehmen.

Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und diese fristgerecht begründet. Er begehrt nach wie vor die vollständige Abweisung des Unterhaltsantrags des Antragstellers und wiederholt hierzu seine bereits in erster Instanz geäußerten Rechtsauffassungen zur Unzulässigkeit des gestellten Antrags des Antragstellers.

Darüber ...

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