Normenkette

FamGKG § 43 Abs. 2, § 50 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Hameln (Beschluss vom 12.03.2013; Aktenzeichen 31 F 287/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts des Antragsgegners wird die Wertfestsetzung in dem Beschluss des AG - Familiengericht - Hameln vom 12.3.2013 geändert und der Gegenstandswert für das Ehescheidungsverfahren in I. Instanz unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde auf 7.590 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Das Familiengericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Verfahrenswert für das im Oktober 2010 eingeleitete Ehescheidungsverfahren auf insgesamt 6.300 EUR festgesetzt. Dabei ist es von einem Einkommen beider Ehegatten von insgesamt 2.700 EUR ausgegangen. Für jedes der insgesamt fünf Kinder wurde ein Betrag von 250 EUR (insgesamt gerundet auf 1.200 EUR) abgesetzt. Für die Scheidung ergäbe sich dann ein Wert von 4.500 EUR ([2.700 - 1.200] × 3). Für den Versorgungsausgleich ist der Wert auf 1.800 EUR festgesetzt worden (450 EUR × 4 Anrechte).

Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde des verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalts des Antragsgegners. Gerügt wird, dass das für fünf Kinder bezogene Kindergeld nicht als Einkommen berücksichtigt worden sei. Zudem sei für den Wert des Versorgungsausgleichs kein Abzug für die Kinder vorzunehmen. Dann sei der Wert auf insgesamt 10.580 EUR festzusetzen.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem OLG vorgelegt.

Der Einzelrichter hat das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat übertragen.

II. Das Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung ist zulässig.

Gemäß § 59 FamGKG kann die Wertfestsetzung angefochten werden, wenn eine Beschwer von mehr als 200 EUR gegeben ist. Da hier die Festsetzung auf einen Wert von 10.580 EUR begehrt wird, ist die erforderliche Beschwer gegeben, denn würde der beantragte Wert der Abrechnung des Rechtsanwalts zugrunde gelegt werden, wäre der Gebührenanspruch mehr als 200 EUR höher. Die Beschwerdebefugnis des Rechtsanwalts beruht auf § 32 Abs. 2 RVG.

III. Das Rechtsmittel ist teilweise begründet.

Für ein Verbundverfahren, wie es hier gegeben ist, sind die Verfahrenswerte der einzelnen Verfahrensteile gem. § 44 FamGKG zunächst gesondert zu ermitteln und dann zu addieren.

1. Gemäß § 43 FamGKG bestimmt sich für die Ehesache der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten nach Ermessen des Gerichts. Dabei darf der Wert nicht unter 2.000 EUR (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes) und nicht über 1 Million Euro angenommen werden. Nach § 43 Abs. 2 FamGKG ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten anzusetzen.

Somit sind zunächst die Einkommensverhältnisse der Ehegatten festzustellen.

Hier verfügen die Ehegatten zusammen über monatliche Einkünfte von 2.700 EUR.

a. Ob das Kindergeld, das hier die Ehegatten i.H.v. insgesamt monatlich 988 EUR beziehen, als Einkommen zu berücksichtigen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

aa. Nach einer Auffassung ist das staatliche Kindergeld als Einkommen zu berücksichtigen (OLG Brandenburg FamRZ 2011, 755; OLG Hamm, FamRB 2012, 149; OLG Jena, FamRZ 2010, 1934; OLG Zweibrücken, FamRZ 2008, 2052; OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 1206; OLG Hamm, FamRZ 2006, 718; 2006, 806; OLG Karlsruhe, FamRZ 2006, 1055; AGS 2013, 472; Türk-Brocker in Schneider/Wolf/Volpert FamGKG § 43 Rz. 26; Oestreich/Hellstab/Trenkle GKG/FamGKG Stand: Juni 2011, "Ehesachen Rz. 8; Hartmann, KostG43 § 43 FamGKG Rz. 30; Thiel in Schneider/Herget Streitwertkommentar13 Rz. 7156; Nickel, FuR 2013, 255). Dies solle letztlich ein Ausgleich dafür sein, dass für aus der Ehe hervorgegangene Kinder ein Abzug zu machen ist (dazu im Einzelnen s. unten b.). Zudem sei das Kindergeld keine subsidiäre, einer Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II gleichzusetzende Leistung, wenn es auch den Zweck der Existenzsicherung des Kindes hat, sondern berücksichtige auch eine den Eltern im Rahmen des Steuerrechts zu gewährende Entlastung wegen der Betreuung und Versorgung der Kinder (OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 2050).

Nach dieser Ansicht wäre im vorliegenden Fall das monatliche Einkommen um das für fünf Kinder bezogene Kindergeld i.H.v. insgesamt 988 EUR zu erhöhen. Der Wert wäre höher festzusetzen, als von dem Familiengericht angenommen.

bb. Nach anderer Auffassung zählt das Kindergeld nicht zum Nettoeinkommen i.S.d. § 43 Abs. 2 FamGKG. Dieses werde ausgezahlt, um die Eltern bei der Erfüllung ihrer Unterhaltspflichten zu unterstützen (OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 807; OLG Dresden FamRZ 2010, 1939; im Ergebnis ebenso, ohne auf die Problematik einzugehen: OLG Köln FamRZ 2008, 2051; OLG Nürnberg OLGReport Nürnberg 2006, 322; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2005, 370).

Ohne Hinzurechnung des Kindergeldes ve...

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