Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erörterungsgebühr bei Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 19.04.2004; Aktenzeichen 18 O 137/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin nach einem Beschwerdewert von 520,84 Euro zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG), in der Sache jedoch unbegründet.
Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, der Rechtspfleger habe zusätzlich eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO i.H.v. 449 Euro zzgl. anteiliger Mehrwertsteuer, mithin insgesamt 520,84 Euro, bei der Kostenfestsetzung berücksichtigen müssen, da diese auch bei dem gem. § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossenen Vergleich durch schriftsätzliche Annahme eines schriftlichen Vergleichsvorschlags des Gerichts entstanden sei.
Tatsächlich fällt in den Fällen des Abschlusses eines Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO indessen keine Erörterungsgebühr an (so auch OLG Koblenz NJW-RR 2004, 66; OLG Schleswig JurBüro 2003, 301; OLG Celle, Beschl. v. 18.2.2004 - 16 U 78/03; Schneider, AGS 2003, 196 [197]). Einer unmittelbaren Anwendung von § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO steht bereits entgegen, dass die Erörterungsgebühr nur dann anfällt, wenn die Erörterung in einem gerichtlichen Termin stattfindet (OLG Koblenz NJW-RR 2004, 66; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 31 Rz. 148). Entsprechend bestimmt § 31 Abs. 2 BRAGO, dass Erörterungsgebühren und Verhandlungsgebühren, die denselben Gegenstand betreffen und in demselben Rechtszug entstehen, aufeinander angerechnet werden. Außerhalb eines Termins geführte Verhandlungen, wie sie hier nach dem Vorbringen der Klägerin durch telefonische Erörterungen zwischen den Prozessbevollmächtigten stattgefunden haben, werden demgegenüber durch die Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGO abgegolten. Führen diese dann zu einem Vergleichsschluss, so fällt für den Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr nach § 23 Abs. 1 S. 3 BRAGO an. Seine Bemühungen um den Vergleichsschluss durch Verhandlungen mit dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten werden ausreichend durch diesen Gebührentatbestand erfasst.
Auch für eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 1 Ziff. 4 BRAGO über § 2 BRAGO ist in derartigen Fällen kein Raum. Die Regelung des § 278 Abs. 6 ZPO ermöglicht einen erleichterten Abschluss des Vergleichs dadurch, dass die Parteien nicht mehr vor Gericht erscheinen müssen, um einen Vergleich protokollieren zu lassen, sondern einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz annehmen können. Wie sich aus § 278 Abs. 6 S. 3 ZPO ergibt, ersetzt der den Vergleich feststellende Beschluss lediglich die gerichtliche Protokollierung, während sich die Rechtsnatur eines derartigen Vergleichs nicht von der Rechtsnatur eines in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleichs unterscheidet. Schließen die Parteien aber im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Stellen der Anträge und der Erörterung der Sach- und Rechtslage einen Vergleich, so fällt hier weder eine Verhandlungs- noch eine Erörterungsgebühr an. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, warum bei einem schriftlichen Vergleichsschluss im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO etwas anderes gelten soll ohne Vorliegen einer der Erörterung oder der Verhandlung entsprechenden anwaltlichen Tätigkeit (OLG Schleswig JurBüro 2003, 301; OLG Celle, Beschl. v. 18.2.2004 - 16 U 78/03).
Auch im vorliegenden Fall hat zwischen den Parteien und dem Gericht weder schriftlich noch fernmündlich irgendeine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden. Vielmehr haben die Parteien den von ihnen ausgehandelten Vergleich dem Gericht mitgeteilt, welches sodann das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO eingeleitet hat. Nach gewissen Modifikationen des Vergleichstextes, die alleine auf dem unmittelbaren Kontakt der Prozessbevollmächtigten untereinander beruhten, ist dann der endgültige Vergleich geschlossen worden.
Schließlich liegt hier auch kein Fall des § 35 BRAGO vor (so zutreffend OLG Koblenz NJW-RR 2004, 66; OLG Schleswig JurBüro 2003, 301). Hiernach erhält der Rechtsanwalt in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 Abs. 2, § 331 Abs. 3 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung. Es fehlt hier nämlich bereits an einer gerichtlichen Entscheidung im Sinne dieser Vorschrift. Hierbei muss es sich entweder um eine Endentscheidung oder um eine Entscheidung handeln, die einer Endentscheidung vorausgeht (BGH BGHZ 17, 118; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 35 Rz. 4). Der Beschluss nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO stellt indessen weder eine Endentscheidung noch eine diese vorbereitende Entscheidung dar, sondern ersetzt lediglich die in einer mündlichen Verhandlung erforderliche Protokollierung eines Vergleichs (OLG Koblenz NJW-RR 2004, 66). Hinzu kommt, dass es für die Besc...