Leitsatz (amtlich)
Ist eine durch Urteil erlassene einstweilige Verfügung nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, ist die Vollstreckung unstatthaft, wenn der Verfügungskläger innerhalb der Vollziehungsfrist zwar die einstweilige Verfügung zustellen lassen hat, aber die Sicherheit nicht geleistet hat. Das gilt auch bei einer auf Abdruck einer Gegendarstellung gerichteten einstweiligen Verfügung.
Normenkette
ZPO §§ 291, 709, 751 Abs. 2, § 936
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des LG Stade vom 24.11.2005 wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert im Beschwerdeverfahren: 2.500 EUR.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist Bürgermeister der Stadt B.. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) ist ein Verlag, der u.a. die Kreiszeitung N. H. W. herausgibt. In dieser Zeitung erschien am 24.8.2005 unter der Überschrift "Der Märchen-Bürgermeister" ein den Kläger betreffender Artikel. Das LG hat die Beklagte zum Abdruck der Gegendarstellung verurteilt. Es hat das Urteil unter Bezugnahme auf § 709 S. 1 ZPO für vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 EUR erklärt.
Eine Woche nach Verkündung des Urteils, am 20.10.2005, hat der Kläger die Festsetzung eines Zwangsgelds beantragt. Das LG hat den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgelds zurückgewiesen, weil die Sicherheit nicht geleistet worden sei (§ 751 Abs. 2 ZPO). Dagegen hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt, in der er vorgetragen hat, er habe die Sicherheit nunmehr am 13.12.2005 hinterlegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.
Das LG hat den Antrag des Klägers auf Festsetzung eines Zwangsgeldes mit Recht zurückgewiesen. Die einstweilige Verfügung ist mangels rechtzeitiger Vollziehung wirkungslos mit der Folge, dass die Vollstreckung unstatthaft ist.
Die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung ist gem. §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO unstatthaft, wenn seit dem Tage, an die sie verkündet wurde, ein Monat vergangen ist. Diese Vorschriften greifen auch bei einer auf Abdruck einer Gegendarstellung gerichteten einstweiligen Verfügung ein (OLG München v. 8.6.1988 - 21 U 3059/88, AfP 1988, 269; Löffler/Ricker, Handbuch des Presserechts, Kap. 28 Rz. 14). Das Vollziehungserfordernis wird regelmäßig durch die Parteizustellung erfüllt (BGH v. 22.10.1992 - IX ZR 36/92, MDR 1993, 268 = NJW 1993, 1076; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., §§ 929 Rz. 16 ff.). Hat allerdings das Gericht, wie hier, die Vollstreckbarkeit des Urteils von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht, so muss der Gläubiger innerhalb der Monatsfrist auch die Sicherheitsleistung nachweisen:
In Fällen, in denen die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht worden ist, muss nach ganz h.M. die Sicherheit innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO geleistet werden (OLG Hamm v. 19.9.1994 - 8 U 180/94, MDR 1995, 412; v. 21.6.1993 - 5 U 32/93, OLGReport Hamm 1994, 59; KG KGReport Berlin 1994, 212; OLG München v. 18.2.1988 - 19 U 6445/87, NJW-RR 1988, 1466; OLG Oldenburg v. 28.7.1999 - 2 W 74/99, OLGReport Oldenburg 2000, 44; Ahrens/Jestaedt, 5. Aufl., Kap. 56 Rz. 20; Bork, MDR 1983, 180; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 929 Rz. 9, 24 a.E.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 921 Rz. 13). Nach einer teilweise vertretenen Meinung soll dies nicht gelten, wenn, wie im Streitfall, nicht die Vollziehung, sondern die Zwangsvollstreckung des Verfügungsurteils von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde (OLG Hamm v. 23.3.1982 - 4 U 7/82, MDR 1982, 763; Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Rz. 277 [Bl. 220 d.A.]; Thomas/Putzo/Reichhold, ZPO, 27. Aufl., § 936 Rz. 7). Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden, weil sie auf der unzutreffenden Unterscheidung zwischen Vollziehung und Zwangsvollstreckung des Verfügungsurteils beruht. Unter Vollziehung i.S.d. § 929 ZPO ist wesentlich eine besondere Form der Zwangsvollstreckung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung zu verstehen. Etwas anderes ergib sich nicht aus § 928 ZPO, wonach die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung auf die Vollziehung nur entsprechend anzuwenden sind. Diese Regelung ist damit zu erklären, dass Arrest- und Verfügungsgläubiger im Regelfall lediglich eine Sicherung, nicht aber eine Befriedigung verlangen können (BGH v. 22.10.1992 - IX ZR 36/92, MDR 1993, 268 = NJW 1993, 1076; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 55 Rz. 37; Bork, MDR 1983, 180). Sie besagt nicht, dass es bei Arrest- und Verfügungstiteln eine an andere Voraussetzungen als an die Vollziehung gebundene Vollstreckung gibt. Das LG hat also auch die Vollziehung von der Sicherheitsleistung abhängig gemacht, sodass der Kläger zur Wahrung der Monatsrist des § 929 Abs. 2 ZPO die Sicherheit hätte bis zum 12.11.2005 lei...