Entscheidungsstichwort (Thema)
Folgen einer unterbliebenen Ausübung des amtsgerichtlichen Ermessens im Rahmen der Kostenentscheidung in Familiensachen
Leitsatz (amtlich)
Lässt sich aus der Endentscheidung oder dem sonstigen Akteninhalt nicht feststellen, dass das AG im Rahmen seiner Kostenentscheidung das ihm durch § 81 Abs. 1 S. 1 und 2 FamFG eingeräumte Ermessen ausgeübt hat, hat dies nicht zwingend die Kostenaufhebung zur Folge. Vielmehr obliegt die Ermessensentscheidung hinsichtlich der Frage der Kostenauferlegung und ihrer Verteilung auf die Beteiligten dann dem Beschwerdegericht (Fortführung der Senatsentscheidung vom 18.8.2011 - 10 UF 179/11 - JAmt 2012, 40 f. = ZKJ 2012, 28 f. = FamFR 2011, 472 = BeckRs 2011, 21941 = juris = FamRZ 2011, 1894 [Ls]).
Normenkette
FamFG § 81 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 14.10.2011; Aktenzeichen 618 F 2729/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners vom 21.11.2011 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 14.10.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Gebührenstufe bis 900 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die miteinander verheirateten Eltern der minderjährigen Kinder Y., E. und E.. Sie leben bereits seit mehr als vier Jahren getrennt; inzwischen ist die Kindesmutter aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und bewohnt mit den Kindern eine eigene Wohnung.
Im vorliegenden Verfahren begehrte die Kindesmutter die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und deren Übertragung auf sich allein, hilfsweise Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, mit der Begründung, die Kinder würden ausschließlich von ihr allein versorgt und betreut, insbesondere nehme sie alle Arzttermine und die Beaufsichtigung der Kinder im schulischen Bereich alleine wahr. Der Kindesvater habe sich um sämtliche Angelegenheiten, die die Kinder beträfen, bisher in keiner Weise gekümmert und sei auch nach dem Vollzug der Trennung nicht einmal an persönlichem Umgang mit den Kindern interessiert. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kindesvater sei vor dem Hintergrund jahrelanger häuslicher Gewalt ihr gegenüber weder möglich noch zumutbar. Nachdem sie ihm im März 2011 erklärt habe, sich nunmehr scheiden lassen zu wollen, sei die Lage gar eskaliert. Nach dem gerichtlichen Anhörungstermin vor dem AG Hannover am 19.9.2011 sei sie noch in Gegenwart ihrer Verfahrensbevollmächtigten zunächst von dem Bruder des Antragsgegners beschimpft und bedroht worden. Wenig später habe der Antragsgegner selbst sie abgefangen und sie zunächst geschlagen; anschließend sei er mit seinem Kraftfahrzeug auf sie zugefahren, sie habe jedoch noch ausweichen können.
Der Antragsgegner widersprach einer Aufhebung der gemeinsamen Sorge. Er bestritt, die Kinder jemals geschlagen zu haben, vielmehr habe die Mutter die Kinder geschlagen. Mit ihrem Verbleib bei der Mutter war er einverstanden, sah jedoch keinen Grund, Veränderungen an der sorgerechtlichen Lage vorzunehmen.
Das AG hat den Kindern einen Verfahrensbeistand bestellt, das Jugendamt beteiligt und anschließend sämtliche Beteiligten einschließlich der Kinder persönlich angehört. Sodann hat es mit Beschluss vom 14.10.2011 die elterliche Sorge für die Kinder im gesamten Umfang auf die Kindesmutter übertragen; die Kosten des Verfahrens hat es dem Antragsgegner auferlegt und diesbezüglich ausgeführt, die Kostenentscheidung beruhe auf § 81 FamFG.
Allein gegen die Kostenentscheidung des ihm am 8.11.2011 zugestellten Beschlusses richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er eine Aufhebung der Kosten gegeneinander erstrebt. In seiner Beschwerdeschrift vom 21.11.2011 behielt sich der Antragsgegner vor, die Beschwerde innerhalb der noch laufenden Beschwerdefrist auf die Hauptsacheentscheidung zu erweitern. Hilfsweise werde Gehörsrüge nach § 44 FamFG erhoben. Der Antragsgegner rügt, dass die von dem AG in Bezug genommene Vorschrift des § 81 FamFG als Regelfall gerade nicht eine Orientierung an dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen, sondern die gegenseitige Kostenaufhebung vorsehe. Lediglich bei Vorliegen besonderer, in § 81 Abs. 2 FamFG beispielhaft aufgezählter Gründe könne von diesem Grundsatz abgewichen und könnten die Kosten einem Beteiligten auferlegt werden. Von welchen derartigen Gründen das AG hier ausgegangen sei, sei den Gründen des Beschlusses jedoch in keiner Weise zu entnehmen. Das AG habe auch zuvor im Laufe des Verfahrens keinen entsprechenden Hinweis auf eine solche Kostenentscheidung gegeben, weshalb hilfsweise für den Fall einer Unzulässigkeit der Beschwerde Gehörsrüge deswegen erhoben werde.
Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Kostenentscheidung, indem sie darauf verweist, der Antragsgegner habe grob gegen seine Pflichten als Vater verstoßen, indem er wiederholt sie selbst wie auch die Kinder, insbesondere den Sohn E. geschlagen habe, weshalb das AG hier im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu Recht die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegne...