Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftserbrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Veräußert der Hoferbe innerhalb von 20 Jahren nach dem Erbfall zum Hof gehörende Grundstücke einzeln oder nacheinander und übersteigen die dadurch erzielten Erlöse insgesamt 1/10 des Hofeswertes, ohne dass die Veräußerung zur Erhaltung des Hofes erforderlich ist, so können die nach § 12 HöfeO Berechtigten, also die Miterben, die nicht Hoferben geworden sind, der Ehegatte des Erblassers und die Pflichtteilsberechtigten (Absatz 10), unter Anrechnung einer bereits empfangenen Abfindung die Herausgabe des erzielten Erlöses zu dem Teilverlangen, der ihrem nach dem allgemeinen Recht bemessenen Anteil am Nachlass oder an dessen Wert entspricht.
2. Veräußerung im Sinne des § 13 Abs. 1 HöfeO ist jede rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung, die mit der Eigentumsumschreibung im Grundbuch beendet ist und erst von diesem Zeitpunkt an den Abfindungsanspruch entstehen lassen kann.
Normenkette
HöfeO § 13
Verfahrensgang
AG Nienburg (Beschluss vom 16.09.1999; Aktenzeichen 2 Lw 30/99) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts – Nienburg – Zweigstelle Hoya – vom 16. September 1999 teilweise geändert.
Der Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, dem Beteiligten zu 1 1.780,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. August 1999 zu zahlen. Der weiter gehende Antrag wird abgewiesen, das weiter gehende Rechtsmittel zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Beteiligte zu 1 53 % und der Beteiligte zu 2 47 %.
Soweit die sofortige Beschwerde zurückgewiesen worden ist, trägt der Beteiligte zu 1 die Gerichtskosten nach einem Wert von 1.969,25 DM. Im Übrigen ist das Beschwerdeverfahren gerichtskostenfrei.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in beiden Rechtszügen nicht statt.
Beschwerdewert: 3.750 DM.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten sind Brüder und einzige Abkömmlinge ihres am 26. Mai 1992 verstorbenen Vaters … F. (Erblasser). Dieser war Eigentümer des im Grundbuch von E. Blatt 1106 eingetragenen Hofes i. S. der HöfeO zur Größe von 10.38.00 ha, davon 0.39.00 ha Hof- und Gebäudefläche und 9.99.00 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, mit einem Wirtschaftswert von 11.447 DM und einem Wohnungswert von 5.366 DM (Einheitswert 16.800 DM). Der Beteiligte zu 2 ist auf Grund des Testaments des Erblassers vom 2. Dezember 1975 Hoferbe, der Beteiligte zu 1 auf den Pflichtteil gesetzter weichender Erbe.
Durch notariellen Vertrag vom 4. Januar 1996 (UR-Nr. 5/1996 des Notars … H. in T.) übertrug der Beteiligte zu 2 von dem Hofesgrundbesitz einen Bauplatz, und zwar das Flurstück 46/5 der Flur 15 in der Gemarkung E. zur Größe von 1.000 m², seiner Tochter C. S. und seinem Schwiegersohn G. S. zu Miteigentum zu je 1/2, wie es in der Urkunde heißt: Im Wege vorweggenommener Erbfolge. Den Verkehrswert des Grundstücks gaben die Vertragsbeteiligten mit 30.000 DM an.
Der Beteiligte zu 1 hat Nachabfindungsansprüche geltend gemacht und diese nach dem dem Schwiegersohn G. S. übertragenen hälftigen Anteil mit 1/4 von 15.000 DM errechnet. Er hat beantragt,
den Beteiligten zu 2 zu verpflichten, ihm 3.750 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juni 1999 zu zahlen.
Der Beteiligte zu 2 hat um Zurückweisung des Antrages gebeten und die Ansicht vertreten, die Übertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge sei keine Veräußerung i. S. des § 13 Abs. 1 HöfeO, einen Veräußerungserlös habe er nicht erzielt und auch nicht wider Treu und Glauben zu erzielen unterlassen. Im Übrigen habe der Beteiligte zu 1 ausweislich des Testamentes des Vaters eine Abfindung in Höhe von 15.000 DM erhalten und später im Vergleichswege noch einmal 4.692,50 DM. Damit seien die Ansprüche des Beteiligten zu 1 nach der HöfeO weit überzahlt.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen mit der Begründung, die Übergabe eines Grundstücks im Wege vorweggenommener Erbfolge sei keine Veräußerung i. S. des § 13 HöfeO. Der Beteiligte zu 2 habe auch nicht die Erzielung eines Verkaufserlöses wider Treu und Glauben unterlassen, wenn er seiner Tochter und seinem Schwiegersohn einen Bauplatz unentgeltlich zu Miteigentum übertrage. Das sei kein Fall einer manipulatorischen Erlösverlagerung zum Nachteil des Ausgleichsberechtigten.
Gegen den am 29. September 1999 zugestellten Beschluss richtet sich die am 8. Oktober 1999 eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens seinen Antrag weiter verfolgt, während der Beteiligte zu 2 die angefochtene Entscheidung verteidigt. Wegen des Beschwerdevorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist zulässig und jedenfalls zum Teil begründet.
Veräußert der Hoferbe innerhalb von 20 Jahren nach dem Erbfall zum Hof gehörende Grundstücke einzeln oder nacheinander und übersteigen d...