Leitsatz (amtlich)
Ein Ehegatte kann aus § 1353 Abs. 1 BGB verpflichtet sein, den auf der Nutzung eines Fahrzeugs durch den anderen Ehegatten beruhenden Schadensfreiheitsrabatt einer Kraftfahrzeugversicherung im Fall der Trennung zu übertragen, soweit dieser nur formal aufgrund der Gestaltung der Versicherungs-verträge im Vermögen des einen Ehegatten entstanden ist. Insoweit ist nicht allein auf die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs, sondern die Nutzungsmöglichkeit durch den anderen Ehegatten abzustellen.
Die von den Ehegatten gewählte Steuerbegünstigung nach § 3a KraftStG stellt ein gewichtiges Indiz für die Nutzung des Fahrzeugs dar, weil nach Abs. 3 dieser Vorschrift die Steuervergünstigung behinderten Personen nur dann gewährt, wenn sie das Fahrzeug selbst nutzen.
Normenkette
BGB § 1353 Abs. 1; KraftStG § 3a
Verfahrensgang
AG Achim (Aktenzeichen 81 F 248/15) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Achim vom 2. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts aus der Kfz-Haftpflichtversicherung bei der HUK-Coburg für den von ihnen angeschafften Ford Mondeo auf die Antragstellerin.
Die Beteiligten haben am 20. August 2008 die Ehe geschlossen, aus der die 2008 und 2012 geborenen Söhne Linus und Janek hervorgegangen sind. Seit April 2014 leben die Beteiligten getrennt. Zwischen ihnen ist beim Amtsgericht A. das Scheidungsverfahren (......) anhängig.
Bereits vor der Ehe lebten die Beteiligten zusammen. Der Antragsgegner schloss im April 2005 einen Kaufvertrag über einen Pkw Ford Mondeo - ... -, der auf seinen Namen zuerst bei der VHV und ab 2007 bei der HUK-Coburg versichert war. Die Antragstellerin beteiligte sich an den Finanzierungskosten für den Wagen hälftig. Infolge der Anerkennung einer Schwerbehinderung der Antragstellerin und der dadurch reduzierten Kfz-Steuer war diese ab August 2008 als Halterin des Fahrzeugs eingetragen. Dem Antragsgegner stand im Jahr 2010 ein Firmenfahrzeug seines Arbeitgebers zur Verfügung, bis er im Folgejahr einen BMW erwarb.
Im Rahmen einer ersten Trennung der Beteiligten im November 2010 wies der Antragsgegner die Antragstellerin in einer E-Mail vom ....... Februar 2011 darauf hin, dass die "Versicherungsprozente" nunmehr auf seinen BMW übergingen. Infolge dessen sollte der Schadensfreiheitsrabatt aus dem von der Antragstellerin gehaltenen Motorrad auf den Ford Mondeo übertragen werden. Weiter heißt es in dieser E-Mail: "Die Prozente für Dein Motorrad (bzw. jetzt Ford) trete ich an Dich ab." Ob dieser Vorschlag umgesetzt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Bei der VHV-Autoversicherung war der Antragsgegner Mitte 2005 mit der Schadensfreiheitsklasse (SFK) 8 bzw. einem Beitragssatz von 50 % eingestuft. Für das Jahr 2009 erfolgte die Kfz-Haftpflichtversicherung nach SFK 11 bzw. einem Beitragssatz von 45 %. Dieser reduzierte sich nach dem Schreiben der HUK-Coburg vom November 2010 für das Jahr 2011 durch die SFK 14 auf 40 %. In 2012 wurde die Höhe der Haftpflichtversicherungsbeiträge nach der SFK 15 mit einem Beitragssatz von 40 % bemessen. Wie sich aus dem Schreiben der HUK-Coburg vom 1. April 2016 ergibt, wurde infolge eines Schadensfalls der Antragsgegner für die Jahre 2013 und 2014 in die SFK 6 mit einem Beitragssatz von 55 % zurückgestuft.
Die Antragstellerin begehrt für ein von ihr angeschafftes Fahrzeug die Übertragung der Schadensfreiheitsklasse aus dem für den Ford Mondeo bis Mai 2015 bestehenden Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag und macht geltend, dass sie ohne eine solche Übertragung von der HUK-Coburg nach deren Schreiben vom 8. Mai 2015 in die SFK 1/2 bei einem Beitragssatz von 75 % eingestuft würde. Der Übertragung des Schadensfreiheitsrabatts stünden keine Gründe auf Seiten des Antragsgegners entgegen. Nach dem Schreiben der HUK-Coburg vom 12. November 2015 bestand das Versicherungsverhältnis seit Januar 2007 und kann hinsichtlich der Schadensfreiheitsklasse nur einheitlich übertragen werden, so dass eine Teilung der SFK prozentual nicht möglich ist.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Antragstellerin den Ford Mondeo während der bestehenden Lebensgemeinschaft überwiegend genutzt hat. Insoweit behauptet sie, dass sie wegen der Kinder auf die Nutzung des Fahrzeugs angewiesen gewesen sei und im Übrigen die behinderungsbedingte Kfz-Steuerer-mäßigung nur ihr das Führen des Fahrzeugs gestattet habe. Demgegenüber behauptet der Antragsgegner, dass vorehelich die Schadensfreiheitsklasse von ihm begründet wurde und er das Fahrzeug auch während der Ehe überwiegend genutzt habe.
Im angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, der Übertragung der Schadensfreiheitsklasse zum näher bezeichneten Versicherungsvertrag zuzustimmen. In seiner Entscheidung ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass jedenfalls ab 2010 die Antragstellerin den Pkw überwiege...