Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbillige Härte bei Durchführung des Versorgungsausgleichs bei einer sog. „Phasen-verschobenen Ehe”
Leitsatz (amtlich)
Eine atypische Ausgangssituation bei Eheschließung, insb. eine sog. "Phasen-verschobene Ehe", wird dem gesetzgeberischen Grundgedanken für den Versorgungsausgleich, einer gleichmäßigen Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften, nicht mehr gerecht.
Normenkette
BGB § 1587c Nr. 1
Verfahrensgang
AG Burgwedel (Urteil vom 07.12.2005; Aktenzeichen 42 F 75/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen das Verbundurteil des AG - FamG - Burgwedel vom 7.12.2005 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 2.000 EUR.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers, mit der er die Durchführung des Versorgungsausgleichs, mit dem Ziel der Übertragung von dynamischen Versorgungsanwartschaften i.H.v. mehr als 300 EUR monatlich erstrebt, ist nicht begründet.
Zu Recht hat das AG mit die angefochtenen Entscheidung den Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, da die Durchführung des Versorgungsausgleiches gem. §§ 1587c Ziff. 1 und 1587h Ziff. 1 BGB für die Antragsgegnerin eine unbillige Härte wäre.
Der sich rechnerisch ergebende Ausgleichsbetrag von knapp mehr als 300 EUR monatlich beruht ausschließlich auf einer atypischen Ausgangssituation bei Eheschließung, einer sog. "Phasen-verschobenen Ehe". Diese wird dem gesetzgeberischen Grundgedanken für den Versorgungsausgleich, einer gleichmäßigen Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften hier nicht mehr gerecht (vgl. z.B. BGH v. 19.5.2004 - XII ZB 14/03, BGHReport 2004, 1281 = MDR 2004, 1185 = FamRZ 2004, 1181 ff.; OLG Schleswig v. 28.8.2003 - 13 UF 77/03, OLGReport Schleswig 2003, 480 = NJW 2004, 692 ff.). Denn aufgrund des Altersunterschiedes und des Lebensalters der Parteien bei Eheschließung stand von vornherein fest, dass der Ehemann bei quasi abgeschlossener Altersvorsorge bald nach Eheschließung in den Ruhestand treten würde, während die Ehefrau erst während der Ehe noch eine hinreichende Altersvorsorge aufbauen musste.
So ist denn auch der bei Eheschließung bereits fast 60-jährige Antragsteller bereits 2 ½ nach der Eheschließung in Altersrente gegangen, während die bei Eheschließung erst 43-jährige Antragsgegnerin ihre Altersvorsorge erst in der Ehe sichern musste und entsprechend mehr als die Hälfte ihrer bei Eheende vorhanden Versorgungsanwartschaften erst in der Ehe erworben hat.
Dabei verfügt der Antragsteller derzeit mit rund 2.000 EUR monatlich aus gesetzlicher Rente und Betriebsrente nach Abzug des Beitrages zur Krankenversicherung und zzgl. des Vorteils für das freie Wohnen im eigenen Haus nicht über eine überdurchschnittlich hohe Altersversorgung, sondern auch zumindest über ein ebenso hohes Einkommen, wie die Antragsgegnerin ohne Herausrechnung des Erwerbstätigenbonus nach Abzug des berufsbedingten Aufwandes aus ihrer noch ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt. Ein hinzutretender Ausgleichsbetrag aus dem Versorgungsausgleich auf Seiten des Antragstellers würde unterhaltsrechtlich wieder an die Antragsgegnerin auszugleichen sein. Dies gilt umso mehr, sobald die Antragsgegnerin aufgrund der angespannten Arbeitsmarktlage - auch bei VW - vorzeitig oder spätesten mit Vollendendung des 65. Lebensjahres Altersrente bezieht. Dann wird die Antragsgegnerin, die insgesamt bis zum Eheende in ihrem Leben deutlich geringere Versorgungsanwartschaften erworben hat als der Antragsteller, was sie auch bis zur Vollendendung des 65. Lebensjahres in ihrem restlichen Erwerbsleben nicht ausgleichen kann, nach heutíger Kenntnis bei Durchführung des Versorgungsausgleichs in erheblichem Maße unterhaltsbedürftig sein. Dies wäre im Hinblick auf die gute, im Hinblick auf das Alter des Antragstellers bei Eheschließung weitgehend bereits abgeschlossenen Altersvorsorge unbillig und steht der Durchführung des Versorgungsausgleichs mithin gem. §§ 1587c Ziff. 1 und 1587h Ziff. 1 BGB entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1605566 |
FamRZ 2006, 1459 |
FamRB 2007, 102 |
OLGR-Nord 2006, 833 |