Leitsatz (amtlich)
Die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle anstelle des Rechtspflegers mit einer Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung eines Urteils, welches eine Zug um Zug-Leistung gem. § 726 Abs. 2 ZPO beinhaltet, ist unwirksam.
Normenkette
ZPO § 726
Verfahrensgang
AG Langen (Beschluss vom 05.04.2011; Aktenzeichen Blatt 2199) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin vom 11.4.2011 gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Langen vom 5.4.2011 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.300 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt die Eintragung einer beurkundeten Auflassung auf der Grundlage eines zu ihren Gunsten ergangenen Versäumnisurteils.
I. Mit dem Versäumnisurteil vom 10.11.2010 (LG Bremen, Az: 6 O 1296/10) wurde der Eigentümer verurteilt, mehrere Grundstücke an die Antragstellerin aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen, Zug um Zug gegen Zahlung eines restlichen Kaufpreises durch die Antragstellerin an den Eigentümer. Am 29.12.2010 beurkundete der Verfahrensbevollmächtigte die dort näher bezeichnete Auflassung (UR-Nr. 2 .../2010), dem das Versäumnisurteil lt. Urkunde in Ausfertigung beilag. Zu den Grundbuchakten gelangt ist die Kopie einer Ausfertigung. Aus dieser Kopie ergibt sich, dass die Ausfertigung von dem Urkundsbeamten der Geschäftstelle des LG erteilt wurde. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Eintragung der Auflassung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Urteilsausfertigung mit einer unwirksamen Vollstreckungsklausel versehen sei; diese sei wegen der Zug um Zug-Verurteilung nicht vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, sondern vom Rechtspfleger zu erteilen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom 5.4.2011 Bezug genommen. Hiergegen haben die Antragsteller Beschwerde eingelegt. Auf die Begründung der Beschwerde vom 11.2.2011 wird verwiesen. Zwischenzeitlich hat das LG um Rücksendung der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils gebeten, da die Ausfertigung versehentlich erteilt worden und unwirksam sei.
II. Die gemäß den §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Grundbuchamt hat die begehrte Eintragung zu Recht durch Beschluss zurückgewiesen.
1. Das AG hat zutreffend nicht mittels einer Zwischenverfügung, sondern durch Beschluss entschieden. Eine Zwischenverfügung ist nicht zulässig, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann; andernfalls erhielte die beantragte Eintragung einen Rang, der ihr nicht gebühre (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 8 m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall. Mangels Vorliegen einer wirksamen vollstreckbaren Ausfertigung (s. II. 2.) konnte am 29.12.2010 keine Entgegennahme der Auflassung wirksam beurkundet werden. Mit einer Zwischenverfügung kann nicht aufgegeben werden, eine Auflassung noch einmal wirksam vorzunehmen bzw. deren Entgegennahme zu beurkunden; sie ist entweder wirksam oder unwirksam.
2. Die der Antragstellerin erteilte vollstreckbare Ausfertigung ist unwirksam. Die Ausfertigung ist vom funktionell unzuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und nicht vom eigentlich zuständigen Rechtspfleger vorgenommen worden; dies führt nach Auffassung des Senats zur Unwirksamkeit der erteilten Vollstreckungsklausel.
Gemäß § 20 Nr. 12 RPflG ist dem Rechtspfleger die Erteilung der Klausel nach § 726 Abs. 1 ZPO übertragen worden. Vorliegend bedarf die vollstreckbare Ausfertigung einer sog. qualifizierten Klausel nach § 726 ZPO, weil der Beklagte und Eigentümer zur Abgabe einer Willenserklärung Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises an ihn verurteilt worden ist. Die funktionelle Unzuständigkeit des Urkundsbeamten in der Geschäftsstelle führt zur Unwirksamkeit der Vollstreckungsklausel, nicht lediglich zu ihrer Anfechtbarkeit (OLG Dresden MDR 2010, 1491; KGReport Berlin 1999, 354 ff.; OLG Hamm NJW-RR 1987, 957; Schuschke/Walker-Schuschke, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 4. Aufl., § 726 Rz. 18 für den Fall - wie hier - einer Klausel nach § 726 Abs. 2 ZPO; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 726 Rz. 7 m.w.N.; wohl auch OLG Frankfurt MDR 1991, 162; a.A. OLG Zweibrücken NJW-RR 1997, 882 f.; Nichtigkeit nur bei bewusster Erteilung einer qualifizierten Klausel durch den Urkundsbeamten anstelle des Rechtspflegers: Musielak-Lackmann, ZPO, 7. Aufl., § 726 Rz. 4). Für diese Ansicht spricht, dass die Entscheidung eines funktionell unzuständigen Rechtspflegeorgans ein schwerwiegender Mangel ist. Ein solcher Mangel führt zur Unwirksamkeit einer von diesem getroffenen Entscheidung. Die auf § 8 RPflG gründenden Einwendungen des OLG Zweibrücken, die gegen die Unwirksamkeit der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Verfahren nach § 726 ZPO gefertigten Vollstreckungsklausel sprechen sollen, überzeugen nicht. Denn aus § 8 RPflG ergibt sich, dass der Gesetzgeber an sich davon ausgeht, dass eine Unwirksamkeit eines funktionel...