Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der mit der Terminswahrnehmung beauftragt wurde, sind bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten auch dann gegen die kostenpflichtige Partei festzusetzen, wenn der zuvor anberaumte Termin aufgehoben wird.
Normenkette
ZPO §§ 91, 103
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Beschluss vom 30.11.2011; Aktenzeichen 4 O 171/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 21.12.2011 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Verden vom 30.11.2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt neu gefasst:
Die auf Grund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Verden vom 26.10.2011 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden
Kosten werden auf 2.425,82 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 8.11.2011 festgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 9 % und die Beklagte zu 81 %. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 300 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist auf die Verringerung der Kostenlast des Klägers zu Lasten der Beklagten gerichtet, so dass trotz der fehlenden Bezeichnung des Klägers als Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift im Wege der Auslegung davon auszugehen ist, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Rechtsmittel entgegen der ausdrücklichen Bezeichnung (... lege ich ...) nicht in eigenem Namen, sondern vielmehr namens und in Auftrag des Klägers eingelegt hat. Die Annahme des LG im Nichtabhilfebeschluss vom 19.1.2012, es handele sich um eine Beschwerde des Klägervertreters, die im Übrigen zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels geführt hätte, ist fernliegend, ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Klägervertreters für die Einlegung des Rechtsmittels im eigenen Namen ist nicht ersichtlich.
Die gem. § 104 Abs. 3 i.V.m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten ist überwiegend begründet.
Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss fiktive Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht berücksichtigt. Sie hätte, worauf der Kläger insbesondere unter Angabe relevanten Fundstellen in Rechtsprechung und Literatur in der Beschwerde hingewiesen hat und was sie nicht zur Kenntnis genommen hat, Reisekosten in der im Kostenfestsetzungsbeschluss bereits im Einzelnen errechneten Höhe bei der Festsetzung berücksichtigen müssen.
Für die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf dabei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH BGHReport 2004, 70 m.w.N.) Entscheidet sich eine Partei wie hier trotz entstehender Mehrkosten für eine Unterbevollmächtigung, darf sie davon ausgehen, dass die Kosten der Unterbevollmächtigung in Höhe erstattungsfähiger Reisekosten des Hauptbevollmächtigten festsetzungsfähig sind. Die Absetzung eines zuvor anberaumten Termins fällt in solchen Fällen grundsätzlich nicht in den Risikobereich einer Partei. Aus diesem Grunde sind nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Nürnberg MDR 2008, 1126; ; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 13 Stichwort "Unterbevollmächtigter") Kosten eines Unterbevollmächtigten in Höhe fiktiver Reisekosten des Hauptbevollmächtigten grundsätzlich auch dann festzusetzen, wenn der Termin ausfällt.
Dass der Kläger im Streitfall einen Rechtsanwalt in der Nähe seines Wohnortes mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen durfte und nicht einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt, ist nicht zweifelhaft. Es ist weiterhin nicht zweifelhaft, dass der Kläger den Unterbevollmächtigten zwei Tage vor dem Termin, also in dem Zeitpunkt, als der Termin auf Grund des Anerkenntnisses der Beklagten aufgehoben wurde, bereits beauftragt haben durfte. Nach Auffassung des OLG Nürnberg wären die Kosten eines Unterbevollmächtigten ohnehin auch dann erstattungsfähig, wenn diese Beauftragung bereits längere Zeit vor dem Verhandlungstermin erfolgte, weil es für die Erstattungsfähigkeit allein entscheidend sei, dass zum Zeitpunkt der Auftragserteilung durch den Hauptbevollmächtigten bereits ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt ist.
Besteht danach im Streitfall dem Grunde nach ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Beauftragung eines Terminsvertreters in Höhe der fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, be...