Leitsatz (amtlich)

1. Auch im PKH-Beschwerdeverfahren ist zu prüfen, ob die Antragstellerin eine Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens entsprechend § 281 ZPO an das zuständige Gericht beantragen will, weil sie ansonsten in Anbetracht der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts eine Ablehnung ihres PKH-Gesuchs zu erwarten hätte.

2. Wird im Beschwerdeverfahren ein Verweisungsantrag gestellt, ist analog § 281 ZPO das Prozesskostenhilfeverfahren unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses im Beschwerdeverfahren an das zuständige Gericht zu verweisen.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 127, 281

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Beschluss vom 05.02.2010; Aktenzeichen 5 O 396/09)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 1.6.2010 wird die Sache im Prozesskostenhilfeverfahren an das AG Celle verwiesen.

 

Gründe

Das LG Lüneburg ist für die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch in Bezug auf die beabsichtigte Klage sachlich nicht zuständig.

1. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine in Aussicht genommene Klage, mit der sie den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens für die Zeit vom 21.7.2006 bis zum 31.12.2006 infolge eines Verkehrsunfalls vom 21.7.2006 durchsetzen will. In der betroffenen Zeit sei sie aufgrund der unfallbedingt erlittenen Verletzungen nicht in der Lage gewesen, ihren Haushalt zu führen. Denn sie sei arbeitsunfähig gewesen, wie auch fachärztlich bestätigt worden sei. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 112,5 m2 und einem Gartenanteil von 40 m2 als Mieterin zusammen mit ihrer damals 4 Jahre alten Tochter bewohnt. Die Führung des Haushalts habe einen Mindestaufwand von 6 Stunden täglich an 7 Tagen die Woche verursacht. Sie habe allerdings keine Haushaltshilfe eingestellt, da ihre Beeinträchtigungen durch die Hilfe von Freunden und Nachbarn kompensiert worden seien. Die Antragstellerin errechnet sich für den betroffenen Zeitraum einen Haushaltsführungsschaden von (6 Stunden täglich à 8 EUR für 164 Tage =) 7.872 EUR.

Das LG hat keine Prozesskostenhilfe gewähren wollen. Die Antragstellerin sei zur Führung des Haushalts insgesamt in der Lage gewesen. Der Beweisantritt "Sachverständigengutachten" bezüglich der Schwierigkeiten, den Haushalt nicht zu führen, sei "ins Blaue hinein" gestellt worden und nach dem bisherigen Sachvortrag nicht überprüfbar. Außerdem sei der Antragstellerin auch kein nachgewiesener und belegter Schaden entstanden. Im Nichtabhilfebeschluss vom 3.3.2010 hat das LG ergänzend ausgeführt, dass der Einsatz von Helfern, die hier - wenn überhaupt - lediglich aus Gefälligkeit tätig geworden seien, von vornherein nicht erforderlich gewesen sei. Das Ausmaß der beklagten Verletzungen habe - wie der Kammer bekannt sei - Haushaltsführung zugelassen.

Die Antragstellerin hat in ihrer sofortigen Beschwerde ausgeführt, aus dem im Vorprozess eingeholten psychosomatischen Fachgutachten des Dr. P. vom 18.2.2009 ergebe sich, dass sie seit dem Unfall ständig mit schweren und quälenden Schmerzen leben müsse. Sie habe deshalb auch nicht normale Haushaltstätigkeiten ausführen können.

Auf den gem. § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweis des Senats (Bl. 21 R d.A.), inwieweit der bisherige Vortrag unzureichend ist und nicht genügen kann, einen Haushaltsführungsschaden zu begründen (zu den Voraussetzungen im Einzelnen Wessel, ZfS 2010, 183 f., 242 f.), hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12.5.2010 (Bl. 22 f. d.A.) zu ihrer Haushaltstätigkeit vorgetragen: Infolge des Unfalls habe sie zwar noch mühsam und unter Schmerzen ihre Tochter in den Kindergarten bringen können, sich danach aber "etwas" hinlegen müssen, da sie nachts vor Schmerzen nicht mehr habe durchschlafen können. Zum Reinigen des Geschirrs und Aufräumen sei sie nur 20 Minuten lang in der Lage gewesen; danach habe sie sich aufgrund der starken Schmerzen wieder hinlegen müssen. Zu weiterer Hausarbeit (Reinigung der Wohnung, Staubsaugen, Wischen, Waschen, Einkaufen, Wäsche erledigen, Hausordnung, Straßendienst, Spülmaschine ausräumen, Fensterputzen, Gartenarbeiten, Abholen der Tochter aus dem Kindergarten) sei sie wegen der im Verlauf des Tages zunehmenden Schmerzen und unfallbedingten Verletzungen nicht mehr in der Lage gewesen.

2. Der Senat hat mit Beschluss vom 18.5.2010 darauf hingewiesen, dass die Ausführungen der Antragstellerin nur zum Teil einen Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens begründen können.

a) Die Antragstellerin ist nicht von einer entsprechenden Darlegung befreit aufgrund der Feststellung der weiteren Ersatzpflicht der Beklagten im Vorprozess 3 O 251/07 vor dem LG Lüneburg. Der Feststellungsausspruch in jenem Verfahren bezog sich auf weitere immaterielle und materielle Schäden aus dem genannten Verkehrsunfall vom 21.7.2006 [der Tenor im Urteil 3 O 251/07 vom 29.5.2009 enthält insoweit einen offensichtlichen Schreibfehler], die der Antragstellerin künftig - d.h. nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorverfahren am 7.5.2009 -...

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