Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 888 Abs. 1 ZPO ist eine Zwangsmittelfestsetzung nur auf Antrag des Gläubigers vorzunehmen, die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen ist in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen.
2. Ein schutzwürdiges Interesse an einer wiederholten Zwangsmittelfestsetzung ist nur dann gegeben, wenn das zuvor angeordnete Zwangsgeld vollstreckt ist.
3. Eine Nichtabhilfeentscheidung, die lediglich auf die Ausgangsentscheidung Bezug nimmt, kann nur dann ihrem Sinn und Zweck gerecht werden, wenn die Beschwerde keine neue Begründung enthält oder in der angefochtenen Entscheidung schon auf sämtliche tragenden Gesichtspunkte eingegangen worden ist, mit denen das Rechtsmittel anschließend begründet wird.
Normenkette
ZPO § 572 Abs. 1, § 888
Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 02.05.2006; Aktenzeichen 12 O 147/05) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird zu Ziff. 1 und 2 aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt der Gläubiger.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 300 EUR.
Gründe
Die gem. §§ 793 Abs. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insb. frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat auch in der Sache Erfolg.
Das LG hat zu Unrecht mit Beschl. v. 2.5.2006 Zwangsmittel gegen die Schuldnerin festgesetzt. Die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen lagen nicht vor. Der Gläubiger hat keine - weitere - Zwangsmittelfestsetzung beantragt.
Gemäß § 888 Abs. 1 ZPO ist eine Zwangsmittelfestsetzung nur auf Antrag des Gläubigers vorzunehmen. Eine Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Amts wegen ist in der Zivilprozessordnung nicht vorgesehen, weil die Zwangsvollstreckung allein der Durchsetzung von Gläubigerinteressen dient.
Der ursprüngliche Antrag des Gläubigers auf Zwangsgeldfestsetzung vom 1.8.2005 ist durch Beschluss des Einzelrichters der 12. Zivilkammer des LG Hannover vom 15.11.2005 erledigt worden, in dem ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR und ersatzweise Zwangshaft gegen die Schuldnerin festgesetzt worden sind, um diese zur Erfüllung der titulierten Auskunftsverpflichtung anzuhalten. Das LG hat dem Gläubiger unter dem 8.12.2005 eine vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses erteilt. Eine nochmalige Zwangsgeldfestsetzung aufgrund dieses Antrags scheidet aus.
Zwangsgeld kann zwar auch wiederholt festgesetzt werden (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 888 Rz. 8). Für eine wiederholte Zwangsgeldfestsetzung ist aber in jedem Fall ein neuer Antrag erforderlich (Steiner/Theede, Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, 8. Aufl., 6. Kap. Rz. 35 und 65). Einer solcher Antrag fehlt vorliegend.
Zwar hat der Gläubiger im weiteren Verlauf des Verfahrens auf Nachfrage des Einzelrichters vom 14.2.2006 mit Schriftsatz vom 2.3.2006 mitgeteilt, dass nach seiner Ansicht die Auskunft noch nicht vollständig erteilt sei. Einen weiteren Antrag auf erneute Zwangsgeldfestsetzung hat der Gläubiger jedoch weder ausdrücklich noch konkludent gestellt.
Insbesondere kann ein solcher Antrag dem Schriftsatz des Gläubigers vom 2.3.2006 auch nicht im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157, 242 BGB entnommen werden. Dies folgt bereits aus der Tatsache, dass dem Antrag auf erneute Festsetzung eines Zwangsgeldes das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde. Ein schutzwürdiges Interesse an einer wiederholten Zwangsmittelfestsetzung ist nämlich nur dann gegeben, wenn das zuvor angeordnete Zwangsgeld vollstreckt ist (OLG Celle v. 25.2.2005 - 10 WF 58/05, MDR 2005, 768 f. = OLGReport Celle 2005, 251; OLG Brandenburg v. 13.6.1997 - 10 W 37/96, FamRZ 1998, 180; OLG Karlsruhe v. 11.8.1993 - 16 WF 24/93, FamRZ 1994, 1274; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 888 Rz. 8; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 888 Rz. 12; Heidelberger Kommentar zur ZPO/Pukall, 1. Aufl., § 888 Rz. 13; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, Bd. 8, 22. Aufl., § 888 Rz. 23). Dies ergibt aus dem Charakter des Zwangsgeldes als Beugemittel.
Zur Vollstreckung des Zwangsgeldes fehlt im Schriftsatz vom 2.3.2006 jeglicher Vortrag, so dass nicht anzunehmen ist, dass dieser Schriftsatz einen Antrag auf Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes enthalten sollte. Es ist nicht einmal festzustellen, dass das früher festgesetzte Zwangsgeld überhaupt schon vollstreckt worden ist. Einen von vorn herein erfolglosen Antrag zu stellen, kann nicht dem mutmaßlichen Willen des Gläubigers entsprochen haben.
Der Gläubiger wollte in dem Schriftsatz ersichtlich auch nur die Anfrage des Gerichts vom 14.2.2006 beantworten, welche Auskünfte ihm noch fehlten. Sein Begehren war nicht auf die Einleitung einer weiteren Vollstreckungsmaßnahme gerichtet.
Auf den im Schriftsatz vom 9.1.2006 und der Beschwerdeschrift vom 31.5.2006 geltend gemachten Erfüllungseinwand des Schuldners, mit dem sich das LG weder in dem angefochtenen Beschluss noch in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 1.6.2006 auseinandergesetzt hat, kommt es wegen anderweitiger Rechtswidrigkeit der Zwangsvollstreckungsmaßnahme für dieses Verfahren deshalb letztlich nicht an...