Leitsatz (amtlich)
Zum Umfang des Auskunftsanspruchs im Rahmen eines durch Ehevertrag zum Anfangs- und Endvermögen modifizierten Zugewinnausgleichs; Ausschluss des Ausgleichs von Gesellschaftsbeteiligungen, Surrogaten und Erträgen
Normenkette
BGB § 1379 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 624 F 2401/20) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Teil-Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 20. Januar 2023 im Ausspruch unter I. abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin noch ergänzend Auskunft zur Aufstellung seines Vermögensbestandes gemäß Anlage zum Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 6. November 2023 zu erteilen durch folgende Angaben:
- Gründe für am 6. Juni 2019 und 30. Juni 2020 in seiner Vermögensaufstellung aufgeführte Schulden bei U. sowie im Falle eines vorliegenden Kredits dessen Zweck,
- ertbildende Faktoren zu den unter "Sonstiges Vermögen" im Anlagenkonvolut_Teil 2_Vermögensaufstellungen genannten Positionen bezogen auf die Stichtage 17. Juni 2011, 6. Juni 2019 und 30. Juni 2020,
- Beteiligungsquote des Antragsgegners an der P. GmbH sowie Herkunft der für die Gesellschaftsbeteiligung geleisteten Kapitalrücklage vom 23. März 2015,
- Vermögenswerte, gleich welcher Art, welche der Antragsgegner nach dem 17. Juni 2011 von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat unter Angabe des Erwerbsgrundes und -zeitpunktes.
2. Die weitergehenden Anträge der Antragstellerin gemäß Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 20. August 2020 unter Ziff. I. 1 lit. a) b) und g) sowie I. 2. werden zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf der Gebührenstufe bis 95.000 EUR.
IV. Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens zur Folgesache Zugewinnausgleich wird amtswegig geändert und auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten, die am 17. Juni 2011 die Ehe geschlossen haben, leben spätestens seit dem 6. Juni 2019 voneinander getrennt. Im Scheidungsverfahren hat die Antragstellerin die Folgesachen nachehelicher Unterhalt und Zugewinnausgleich im Wege der Stufenanträge anhängig gemacht. Wegen der Folgesachen war zunächst auf die begehrte Zwischenfeststellung darüber zu befinden, ob und inwieweit ein von den Beteiligten vor ihrer Hochzeit geschlossener Ehe- und Pflichtteilsverzichtsvertrag, der auch den Güterstand und Unterhaltsansprüche modifiziert hatte, wirksam ist und einer Ausübungskontrolle standhält. Der Senat hatte den insoweit ergangenen Teil-Beschluss des Amtsgerichts, mit welchem die Wirksamkeit der notariellen Vereinbarung festgestellt wurde, bestätigt (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 20. Oktober 2022 - 10 UF 43/22; FamRZ 2023, 1627). Wegen der Einzelheiten insbesondere zur modifizierten Zugewinnausgleichsregelung wird auf die ehevertragliche Regelung und den Senatsbeschluss ergänzend Bezug genommen. Zu dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen § 1 (5) des Ehevertrages heißt es:
(5) Abgesehen von der Berechnung des Zugewinns im Fall der gesetzlichen Erbteilserhöhung (erbrechtliche Lösung im Todesfall) für erbschaftsteuerliche Zwecke, und abgesehen vom Fall der einvernehmlichen lebzeitigen Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft bei Fortsetzung der Ehe, sind in allen anderen Fällen der Errechnung eines Zugewinns bei der Ermittlung sowohl des Anfangs- als auch des Endvermögens der Eheleute folgende Vermögensgegenstände außer Ansatz zu lassen, gleichgültig, ob ihr Wert positiv oder negativ ist:
a) Sämtliche unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen des Ehemanns an in- oder ausländischen Gesellschaften, insbesondere, aber nicht ausschließlich, Beteiligungen an der
- (...) GmbH & Co. KG,
- der (...) Beteiligungs-GmbH,
- der (...) Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG
- sowie der (...) KG.
Das gilt auch für jegliche Surrogate (Ersatzgegenstände) der Beteiligungen an Gesellschaften, also insbesondere, aber nicht ausschließlich, für erlangte Surrogate in sämtlichen Fällen einer Veräußerung, Umwandlung, Liquidation oder sonstigen Übertragung von unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungen auf einen anderen Rechtsträger. Das gilt ferner für sämtliche für solche Beteiligungen oder Surrogate geführte Konten sowie sonstige Ansprüche und Verbindlichkeiten (wie z. B. Darlehen) des Ehemannes gegenüber diesen Gesellschaften.
Soweit jedoch der Ehemann sein Vermögen, das nicht nach diesem Vertrag von der Errechnung des Zugewinns ausgeschlossen ist, in Gesellschaften im Sinne von § 1 Abs. 5 lit. a) investiert, ist dieses investierte Vermögen bei der Errechnung des Zugewinns des Ehemanns mit seinem Wert im Zeitpunkt der Investition bei der Zugewinnberechnung zu erfassen.
b) Vermögen, gleich welcher Art, das der Ehemann nach Eintritt des Güterstands der Zugewinngemeinschaft von Todes wege...