Leitsatz (amtlich)
Ein getrennt lebender Ehegatte kann von dem anderen gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BGB grundsätzlich auch Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen, jedoch ist der Auskunftsanspruch - auch im Hinblick auf den Normenzusammenhang mit der Beweislastumkehr gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB - strikt auf den Bestand des Vermögens zum Zeitpunkt der Trennung im Rechtssinne zu fixieren.
Wer ein positives Anfangsvermögen geltend macht, muss dessen Bestand beweisen. Ebenso muss bewiesen werden, dass Verbindlichkeiten nicht bestehen. Beweisbedürftig sind nur Umstände, die konkret streitig sind.
Normenkette
BGB § 260 Abs. 2, §§ 1374, 1379 Abs. 1, § 1567
Verfahrensgang
AG Jena (Aktenzeichen 47 F 829/14) |
Tenor
1. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, weil diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§§ 68 Abs. 2 Satz 3, 117 Abs. 3 FamFG).
2. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
3. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21.09.2017.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Scheidung der am 18.09.1992 geschlossenen Ehe und Durchführung des Versorgungsausgleichs in Anspruch genommen. Der Scheidungsantrag ist am 10.1.2015 zugestellt worden. Die Antragstellerin ist am 15.9.2014 aus dem ehelichen Einfamilienhaus ausgezogen.
Die Antragstellerin hat am 14.6.2014 dem Antragsgegner den nachfolgenden Vorschlag schriftlich unterbreitet:
"1. Wir übertragen beide unser Eigentum am Hausgrundstück unserem Sohn Florian in dessen Alleineigentum.
2. Es war sowohl der Wunsch meiner Eltern als auch, wie ich weiß, der Wunsch meines Großvaters, dass schließlich mein Elternhaus in Familienbesitz bleibt. Deshalb kommt nur unser gemeinamer Sohn Florian in Betracht.
3. Der noch bestehende gemeinsame Kredit wird von uns beiden hälftig bedient. Dafür bewohnen wir die obere Etage mietfrei".
Das Amtsgericht hat die Beteiligten am 23.4.2015 zu den Scheidungsvoraussetzungen persönlich angehört.
Die Antragstellerin hat erklärt, sie habe am 22.3.2013 festgestellt, dass ihr Mann mit einer anderen Frau ein Wochenende in Polen in Breslau verbracht habe. Sie habe einen Hotelbeleg gefunden und daraufhin ihren Mann angerufen, um ihm zu sagen, dass sie sich scheiden lassen wolle. Der Antragsgegner habe aber den Zettel zerrissen.
Sie habe auch danach für alle eingekauft und Essen gekocht; ihr Mann habe das Essen gegessen. Die Wäsche habe sie auch für alle gemeinsam gewaschen. Sie habe auch danach Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann so alle zwei Monate gehabt.
Sie habe Geburtstage der Enkelkinder gemeinsam mit ihrem Mann besucht. Sie sei auch mit ihrem Mann im Herbst 2013 in Urlaub nach K... gefahren. Sie habe sehr unter der Situation gelitten und sei psychisch krank geworden.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Scheidungsantrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hat angeführt, er habe im Herbst 2013 einen weiteren Urlaub mit seiner Frau für 2014 im selben Hotel in K... geplant. Nachdem im Mai 2014 offensichtlich geworden sei, dass seine Ehefrau eine Bekanntschaft zu einem anderen Mann pflegte, die sie im August 2014 nach einer Kur intensivierte, habe er sich im September 2014 in anwaltliche Beratung begeben.
II. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 4.2.2015 (Akte ESch, Bl. 17 ff.) Auskunft zu den Stichtagen 18.9.1992 sowie 10.1.2015 erteilt und mit Schriftsatz vom 23.5.2016 (Akte GÜ, Bl. 56 ff.) Auskunft nebst Belegen dahingehend erteilt, dass der Antragsgegner während der Ehe eine Erbschaft gemacht habe, die sein Anfangsvermögen um 20.260,14 EUR erhöhe.
Die Antragstellerin hat in der Folgesache Zugewinn vorgetragen, der Antragsgegner habe bisher die verlangte chronologische Auskunft nach Aktiva und Passiva zu den drei Stichtagen nicht vorgelegt. Der Antragsgegner möge Belege vorlegen.
Da der Antragsgegner den Trennungszeitpunkt bestritten habe, sei die Feststellung des Trennungszeitpunktes geboten.
Der Antragsgegner habe am 13.5.2014 vom Girokonto Nr. 1... bei der Sparkasse S..., einen Betrag in Höhe von 12.000 EUR abgehoben.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 8.4.2015 beantragt,
1. der Antragsgegner wird verpflichtet, vollständig Auskunft zu den drei Stichtagen
- Eheschließung (also zum Anfangsvermögen) 18.09.1992 sowie
- Trennungszeitpunkt 22.3.2013 und
- Ehezeitende 10.1.2015,
zu erteilen
a) durch Vorlage eines schriftlichen, chronologischen Bestandsverzeichnisses, aufgegliedert nach Aktiva und Passiva, wobei bei Sachgesamtheiten wiederum, falls das in Betracht kommt, z. B. zu einer Sammlung gehörende Gegenstände einzeln aufzuführen sind und die für die Bewertung der einzelnen Gegenstände erforderlichen Angaben zu machen sind,
b) die Bezifferung der Werte aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu diesen 3 Zeitpunkten.
Es...