Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessuale Tat als Gegenstand des Urteils. Einstellung bei nicht überprüfbarer Tatidentität zwischen Anklage und Urteil
Leitsatz (amtlich)
In den Urteilsgründen muss das Tatgericht die festgestellte Tat nach Ort, Zeit und Art der Begehung so konkret bezeichnen, dass dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Identität zwischen der angeklagten und der abgeurteilten Tat ermöglicht wird.
Wird die Tat in den Urteilsgründen nicht ausreichend konkret individualisiert, ist das Verfahren wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Prozesshindernisses einzustellen und gegebenenfalls über die noch nicht abgeurteilten Vorwurf aus der Anklageschrift neu zu verhandeln.
Normenkette
StPO §§ 206a, 264
Verfahrensgang
AG Hameln (Entscheidung vom 27.07.2010) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Angeklagte wegen eines am 27.01.2010 begangenen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist.
Im Übrigen wird die Sache zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hameln vom 27.07.2010 an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.
Soweit das Verfahren eingestellt worden ist, trägt die Landeskasse die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Gründe
I. Das Amtsgericht - Strafrichter - hatte den Angeklagten wegen eines am 26.01.2010 begangenen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen bei einem Tagessatz von 10 € verurteilt. Zudem hatte das Amtsgericht dem Angeklagten ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die Kammer verworfen.
Nach den Feststellungen der Kammer war der Angeklagte am 16.04.2009 vom Amtsgericht Hameln wegen versuchter Nötigung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen und zu einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt worden. Das Fahrverbot wurde am 07.12.2009 wirksam. Mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Hannover vom 18.12.2009 wurde der Angeklagte darauf hingewiesen, dass das Fahrverbot seit diesem Tag wirksam sei. Gleichzeitig wurde er darauf hingewiesen, dass er für die Dauer des Fahrverbots kein Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum führen dürfe und sich in einem solchen Fall wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar mache. Ihm wurde auch erläutert, dass die Verbotsfrist erst von dem Tag an gerechnet werde, an dem der Führerschein bei der Vollstreckungsbehörde in amtliche Verwahrung gegeben werde. Er wurde schließlich darauf hingewiesen, dass der Führerschein rechtzeitig zum Ablauf des Fahrverbots an ihn zurückgesandt werde.
Auf dieses Schreiben gab der Angeklagte noch vor Weihnachten 2009 in der Kanzlei seines Verteidigers den Führerschein zwecks Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft Hannover ab. Obwohl dem Angeklagten die unverzügliche Weiterleitung zugesagt wurde, übersandte der Verteidiger den Führerschein erst am 28.12.2009, er ging am 29.12.2009 bei der Staatsanwaltschaft Hannover ein. Darauf teilte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten am 04.01.2010 mit, dass das Fahrverbot am 28.01.2010, 24:00 Uhr, enden werde.
Mit Schreiben vom 22.01.2010 sandte die Staatsanwaltschaft den Führerschein an den Angeklagten zurück. In diesem Schreiben wies die Staatsanwaltschaft den Angeklagten darauf hin, dass das Fahrverbot am 28.01.2010 um 24:00 Uhr ende und er vor diesem Zeitpunkt kein Kraftfahrzeug führen dürfe. Dieses Schreiben wurde samt Führerschein am 26.01.2010 von der Ehefrau des Angeklagten in Empfang genommen. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Angeklagte nicht zu Hause und wurde daher von seiner Ehefrau telefonisch über das Eintreffen des Führerscheins in Kenntnis gesetzt.
Noch während des laufenden Fahrverbots wurde der Angeklagte als Führer eines Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen xxx angetroffen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Hameln deshalb am 10.06.2010 einen Strafbefehl, der dem Angeklagten zur Last legte, in H. am 26.01.2010 vorsätzlich ein Kraftfahrzeug geführt zu haben, obwohl ihm das Führen nach § 44 des Strafgesetzbuches verboten war. Er habe mit dem Personenkraftwagen xxx die F. Straße befahren, obwohl ihm das Führen (eines Kraftfahrzeuges) seit dem 07.12.2009 untersagt gewesen sei. Auf seinen Einspruch gegen den Strafbefehl verurteilte das Amtsgericht Hameln den Angeklagten am 27.07.2010 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und stellte fest, er habe am 26.01.2010 in H. mit dem PKW xxx u. a. die F. Straße befahren, obwohl er hätte wissen müssen, dass ihm das Fahren von Kraftfahrzeugen noch verboten war.
Nach den Feststellungen des Landgerichts in dem mit der Revision angefochtenen Berufungsurteil wurde der Angeklagte am 27.01.2010 beim Führen des Kleintransporters xxx von der Polizei angehalten. Der Angeklagte habe das Fahrzeug nach H. zurückführen wollen. Zu einem Befahren der F. Straße in H. verhält sich das Urteil n...