Leitsatz (amtlich)

Die vom Täter ohne Fahrerlaubnis durchgeführten Autofahrten zum Zwecke der (erhofften) Abholung eines vor der Haustür des Tatopfers von diesem zu deponierenden "Beutepäckchens" als sog. "Abholer" im Rahmen eines "Falscher Polizeibeamten Tricks" und die spätere Rückfahrt nach Scheitern des Tatplans und einem Aufenthalt über mehr als 1,5 Stunden bilden mit dem mittäterschaftlich begangenen versuchten (banden- und gewerbsmäßigen) Betrug keine prozessuale Einheit, auch wenn bei Anklageerhebung aktenkundig war, dass Hin- und Rückfahrt zum/vom geplanten Abholort ohne Fahrerlaubnis erfolgten. Die zwischenzeitlich erfolgte rechtskräftige Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis steht einer entsprechenden Ahndung des Verbrechens nach §§ 263 Abs. 5, 22, 23 StGB somit nicht entgegen.

 

Normenkette

StGB § 263 Abs. 5, § 22; GG Art. 103 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Entscheidung vom 23.09.2022; Aktenzeichen 9 Ns 640 Js 35833/19)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 23.09.2022 wird aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 31.01.2023 kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) als offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO) verworfen, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat

 

Gründe

I.

Die Revision ist unbegründet.

Näherer Erörterung bedarf nur die Frage des Strafklageverbrauchs.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte Mitglied einer Tätergruppierung, die vornehmlich ältere Geschädigte mit dem sogenannten "Falscher Polizeibeamter Trick" zur Übergabe vom Geld und Wertgegenständen bewegt. Innerhalb der Gruppierung kommt dem Angeklagten die Funktion eines "Abholers" zu, der von einem als "Logistiker" fungierenden Mittäter zur Adresse von Geschädigten geschickt wird, die sich auf die Telefonanrufe von weiteren Tätern ("Keilern") hin bereit erklärt haben, Geld und Wertgegenstände (sogenannte "Beutepäckchen") vor ihre Wohnungstür zu stellen, damit sie von den angeblichen Polizeibeamten abgeholt und gesichert werden können. In Umsetzung des bestehenden Plans fuhr der Angeklagte, der selbst keinen Führerschein besitzt, mit einem am 17.12.2018 unter Vorlage des Führerscheins seines Bruders angemieteten Pkw am 20.12.2018 nach S. und lief dort zwischen 20.16 Uhr bis 21.55 Uhr in der Nähe der Wohnung der Geschädigten L. umher, um ein eventuelles Beutepäckchen der Geschädigten abzuholen. Die Geschädigte war jedoch aufgrund eines Zeitungsartikels misstrauisch geworden und legte deshalb an diesem Tag kein Beutepäckchen vor die Tür, sondern ging um 19.00 Uhr zu Polizei. Nachdem der Angeklagte, der während des Umherlaufens mindestens zweimal mit seinem Hintermann telefoniert und erkannt hatte, dass es an diesem Abend nicht mehr zur Bereitstellung eines Beutepäckchens kommen werde, fuhr er gegen 22.00 Uhr unverrichteter Dinge wieder nach Hause.

2. Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts - Schöffengericht - S. vom 06.11.2020 in vorliegender Sache leitete die Staatsanwaltschaft S. ein weiteres Verfahren gegen den Angeklagten wegen des Verdachts des Fahrens ohne Fahrerlaubnis ein (Az.: 1 Cs 640 Js 46576/20), in dem am 14.01.2021 ein Strafbefehl des Amtsgerichts S. erging. Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Sie fuhren wissentlich und willentlich mit dem fahrerlaubnispflichtigen Pkw der Marke Audi A4, amtliches Kennzeichen ..., obwohl Sie die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatten,

1. am 20.12.2018 zwischen 15.44 Uhr und 20.16 Uhr von der F.-Str. 14, H., in die A.-Straße, in S., sowie

2. am 20.12.2018 zwischen 22.20 Uhr und ca. 01.33 Uhr von dort aus zurück in die F.-Str. 14.

Durch die Taten haben Sie sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Nach Einspruch des Angeklagten stellte das Amtsgericht S. am 11.05.2021 das Verfahren wegen der 2. Fahrt (der Rückfahrt) gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, woraufhin der Angeklagte seinen Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränkte. Durch Beschluss vom 13.09.2021, rechtskräftig seit 28.09.2021, setzte das Amtsgericht die Tagessatzhöhe hinsichtlich der wegen der Hinfahrt festgesetzten Geldstrafe von 35 Tagessätzen auf 10 EUR fest.

3. Gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht S. vom 06.11.2020 legten die Staatsanwaltschaft (beschränkt auf den Rechtsfolgenausspruch) und der Angeklagte Berufung ein. Das Landgericht S. verwarf mit Urteil vom 23.09.2022 beide Berufungen als unbegründet, wobei es wegen der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zwischenzeitlich vollständig vollstreckten Geldstrafe einen Härtefallausgleich im Rahmen der Strafzumessung vornahm.

II.

Strafklageverbrauch ist nicht eingetreten:

1. Die Fahrt am 20.12.2018 vom Wohnort des Angeklagten nach Karlsruhe-Durlach, die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 14.01.2021 in Verbindung mit dem Beschluss vom 13.09.2021 rechtskräftig abgeurteilt wurde, und der versuchte banden- und gewe...

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