Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer auf Räumung eines Grundstückes gerichteten Leistungsverfügung wegen verbotener Eigenmacht richtet sich nicht nach § 41 Abs. 1, sondern ist nach den §§ 6, 3 ZPO nach dem Hauptsachewert, ggf. eines Bruchteiles davon, zu bemessen.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 6; GKG § 41 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 18.08.2009; Aktenzeichen 3 O 177/09)

 

Tenor

Die Streitwertbeschwerde des Verfügungsbeklagten vom 18.8.2009 gegen die Festsetzung des Streitwerts gem. Nr. 4 des Tenors des Urteils des LG Lüneburg vom 4.8.2009 i.V.m. dem Nichtabhilfe-beschluss des LG vom 20.8.2009 wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, dem Verfügungsbeklagten aufzugeben, das Grundstück G.-Haus in F. zu räumen und an den Verfügungskläger herauszugeben; mit einem weiteren - in der mündlichen Verhandlung vor dem LG zurückgenommenen - Antrag hat der Verfügungskläger beantragt, ihn zu ermächtigen, das Grundstück nebst Gebäuden - ggf. auch durch Austausch der Schlösser - in Besitz zu nehmen. Das LG hat durch das Urteil vom 4.8.2009 dem Antrag zu 1 stattgegeben und den Wert dieses Antrags gem. § 6 ZPO auf 150.000 EUR geschätzt; diesen Wert hat es ermittelt nach einem Bruchteil von einem Sechstel des im Zwangsversteigerungsverfahren gemäß Wertgutachten festgesetzten Verkehrswerts des Grundstücks von rd. 950.000 EUR. Den Wert des zurückgenommenen Antrags zu 2 hat das LG mit 3.000 EUR bemessen und zur Begründung ausgeführt, dieser Antrag habe nur geringfügige und nachrangige Bedeutung zum Hauptantrag zu 1.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Verfügungsbeklagte gegen die Streitwertfestsetzung. Nach seiner Auffassung sei der Wert des Antrags nach § 41 Abs. 2 GKG mit 7.200 EUR zu bewerten; dies sei der Jahreswert der von dem Verfügungsbeklagten mit der Eigentümerin vereinbarten Monatsmiete von 600 EUR. Diese Vorschrift sei auch anwendbar, weil sich der Verfügungsbeklagte auf einen vor Anordnung der Zwangsverwaltung geschlossenen Pachtvertrag berufe und das LG ausdrücklich zu seinen Gunsten die Wirksamkeit dieses Pachtvertrages unterstellt habe. Dagegen sei der Antrag zu 2 mit einem Wert von 1,8 Mio. EUR zu bewerten. Dieser Antrag richte sich nach dem wahren Verkehrswert des Grundstücks, der weitaus höher liege als die vom LG aufgrund des Wertgutachtens aus dem Zwangsversteigerungsverfahren angenommenen 950.000 EUR. Der Verfügungsbeklagte habe einen Kaufpreis in dieser Größenordnung im Rahmen der Ankaufsverhandlungen angeboten; inzwischen sei der Wert des Grundstücks wegen einer besonderen planerischen Verwendungsmöglichkeit sogar noch höher.

Der Verfügungskläger verteidigt die Streitwertfestsetzung durch das LG. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren sei es lediglich um Besitzrechte und eine Besitzentziehung i.S.d. §§ 854 ff. BGB gegangen. Obligatorische Besitzrechte i.S.v. § 41 GKG seien schon aus Rechtsgründen nicht zu berücksichtigen gewesen. Der zurückgenommene Antrag zu Nr. 2 habe lediglich klarstellende Bedeutung gehabt.

II. Die Streitwertbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das LG ist bei der Bemessung des Werts für den Antrag zu Nr. 1 zutreffend von den §§ 6, 3 ZPO ausgegangen. Gegenstand des Antrags war der Besitz des Grundstücks und Ziel war die Erlangung oder Wiedererlangung des Besitzes. In solchen Fällen richtet sich der Wert des Streitgegenstands nach dem § 6 ZPO, wobei vom Wert der Sache auszugehen ist und, wenn lediglich der Besitz streitig und dieser einen geringeren Wert hat, dieser maßgebend ist; bei der Bewertung hat das Gericht im Rahmen des § 3 ZPO Ermessen (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 6 Rz. 2). Ermessensfehler des LG bei der Bemessung des Streitwerts mit einem Wert von 150.000 EUR sind nicht ersichtlich.

Zunächst ist es nicht zu beanstanden, dass das LG als Verkehrswert den im Zwangsversteigerungsverfahren aufgrund eines Wertgutachtens ermittelten Wert von rund 950.000 EUR als Ausgangsbetrag zugrunde gelegt hat. Abgesehen davon, dass es sich für Streitwertzwecke ohnehin anbietet, ein bereits vorliegendes für ein Gerichtsverfahren eingeholtes Wertgutachten zugrunde zu legen, ist es nicht geboten, weitere kostenträchtige Ermittlungen des Verkehrswerts allein für Streitwertzwecke anzustellen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Verfügungsbeklagte zwar geltend macht, der wirkliche Verkehrswert liege noch höher. Er wird aber nicht dadurch beschwert, wenn für das Beschwerdeverfahren ein Verkehrswert von rd. 950.000 EUR zugrunde gelegt wird, denn zum Antrag Nr. 1 erstrebt der Verfügungsbeklagte ja gerade eine Ermäßigung und nicht eine Erhöhung des Streitwerts.

Soweit das LG für den im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgten Herausgabeanspruch nicht den vollen Verkehrswert, sondern lediglich einen Bruchteil von 1/6 zugrunde gelegt hat, ist auch dies nicht zu beanstanden. Es entspricht vielmehr der herrschenden Auffassung, d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?