Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsabschlag bei vorgezogenem Ruhestand
Leitsatz (amtlich)
Ein vom beamtenrechtlichen Ruhegehalt vorgenommener Versorgungsabschlag, der auf antragsgemäßer vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand beruht, ist im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, wenn die Versetzung in den Ruhestand vor dem Ende der Ehezeit wirksam geworden ist.
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Uelzen (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 3a F 171/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird das Urteil des AG - FamG - Uelzen vom 22.7.2005 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (II des Tenors) geändert und wie folgt gefasst:
Zu Lasten der vom Ehemann bei der Stadt H. erworbenen Anwartschaften auf Beamtenversorgung werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gesetzliche Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 266,54 EUR, bezogen auf den 30.6.2004, begründet.
Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: 1.000 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind durch das angefochtene Urteil geschieden worden. Zugleich hat das AG einen Versorgungsausgleich durchgeführt, in den es auf Seiten des Ehemannes Anwartschaften auf Beamtenversorgung ggü. der Stadt H. i.H.v. monatlich 598,44 EUR und auf Seiten der Ehefrau Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung ggü. der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) i.H.v. monatlich 39,09 EUR, jeweils bezogen auf eine Ehezeit vom 1.8.1997 bis zum 30.6.2004, einbezogen hat. Die Hälfte der Wertdifferenz, also monatlich 279,68 EUR, hat das AG zugunsten der Ehefrau ausgeglichen.
Mit ihrer form- und fristgerecht eingereichten Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 1 gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich und rügt, sie - die Beteiligte zu 1 - habe aufgrund einer entsprechenden Mitteilung des AG in ihrer Auskunft ein unzutreffendes Ehezeitende (31.7.2004) zugrunde gelegt. Deshalb sei der mitgeteilte Wert der vom Ehemann in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften von monatlich 598,44 EUR nicht richtig.
II. Die Beschwerde ist begründet. Das AG hat den Versorgungsausgleich unter Verwendung einer unzutreffenden Berechnung der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes durchgeführt. Zum einen ist - wie von der Beteiligten zu Recht gerügt - in der vom AG verwerteten Auskunft der Beteiligten zu 1 von einem falschen Ehezeitende ausgegangen worden. Zum anderen sind in dieser Auskunft auch zum Teil unzutreffende Berechnungsgrundlagen verwendet worden.
1. Der Versorgungsausgleich erstreckt sich gem. § 1587 Abs. 1 BGB auf die von beiden Parteien in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften auf Alters- und Invaliditätsversorgung. Gemäß § 1587 Abs. 2 BGB gilt als Ehezeit die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht. Die Parteien haben am 18.8.1997 geheiratet. Haben - wie hier - beide Ehegatten Scheidungsantrag gestellt, kommt es für das Ehezeitende darauf an, welcher Antrag zuerst zugestellt worden ist. Im vorliegenden Fall sind der Scheidungsantrag des Ehemannes am 27.7.2004 und der Scheidungsantrag der Ehefrau erst am 13.8.2004 zugestellt worden. Als Ehezeit gilt daher vorliegend der Zeitraum vom 1.8.1997 bis zum 30.6.2004.
2. Der Ehemann hat in dieser Ehezeit Anwartschaften auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften, nämlich auf Ruhegehalt nach dem Hamburgischen Beamtengesetz i.V.m. dem BeamtVG, erworben. Der in den Versorgungsausgleich einzubeziehende Ehezeitanteil ist nach § 1587a Abs. 1 Nr. 1 BGB zu berechnen.
a) Diese Vorschrift sieht die Berechnung einer fiktiven, bis zur Altersgrenze erreichbaren Versorgung nach den bei Ehezeitende gegebenen persönlichen Bemessungsgrundlagen und sodann die zeitanteilige Ermittlung des davon auf die Ehezeit entfallenden Anteils entsprechend dem Verhältnis der auf die Ehezeit entfallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur gesamten bis zur Altersgrenze erreichbaren ruhegehaltfähigen Dienstzeit vor. Im vorliegenden Fall wäre zunächst der Betrag zu ermitteln, der sich bei Ende der Ehezeit, also am 30.6.2004, als Versorgung ergeben hätte, wenn die bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit um die Zeit bis zur (regelmäßigen) Altersgrenze (von 65 Jahren), die der Ehemann am 31.3.2006 erreicht hat, erweitert wird (§ 1587a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 BGB). Wie die Beteiligte zu 1 in ihrer Auskunft vom 29.9.2005 zutreffend berechnet hat, konnte der Ehemann bis zum 31.3.2006 eine gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit von 41,01 Jahren erreichen. Damit hätte er den Höchstruhegehaltssatz erreicht. Dieser betrug nach früherem Recht 75 % und ist aufgrund des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 auf 71,75 % abgesenkt worden. ...