Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendiger Selbstbehalt bei Erwerbslosen und Erwerbstätigen

 

Leitsatz (amtlich)

Hinsichtlich des notwendigen Selbstbehalts (§ 1603 Abs. 2 BGB) ist eine Differenzierung zwischen Erwerbslosen und Erwerbstätigen nicht gerechtfertigt. Der Senat geht künftig von einem einheitlichen notwendigen Selbstbehalt i.H.v. 900 EUR aus.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Elze (Urteil vom 22.08.2007; Aktenzeichen 8 F 143/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.8.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Elze geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit seit Juli 2007 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 158,75 EUR für die am 10.11.1994 geborene J.-M. und 135,08 EUR für die am 6.10.1999 geborene R., ferner monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 173,08 EUR, zahlbar jeweils monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats, sowie rückständigen Trennungsunterhalt für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 i.H.v. insgesamt 115 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert des Streitgegenstands der Berufungsinstanz wird auf 2.210 EUR [UK: (202,95 EUR -158,75 EUR = 44,20 EUR × 12)+(172,69 EUR -135,08 EUR = 37,61 EUR × 12); UE: (221,27 EUR -173,08 EUR = 48,19 EUR × 12)+(765 EUR -115 EUR)] festgesetzt.

 

Gründe

I. Das AG hat den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt für die gemeinschaftlichen Kinder der Parteien J.-M., geb. 10.11.1994, und R., geb. 6.10.1999, i.H.v. jeweils monatlich 202,95 EUR bzw. 172,69 EUR seit Juli 2007 sowie zur Zahlung von Trennungsunterhalt für die Klägerin i.H.v. noch 765 EUR für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 und jeweils monatlich 221,27 EUR seit Juli 2007 verurteilt. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Höhe der Unterhaltsbeträge und begehrt eine Herabsetzung des Kindesunterhalts auf Beträge von 158,75 EUR für J.-M. und 135,08 EUR für R. sowie eine Herabsetzung des Trennungsunterhalts auf noch 115 EUR für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 bzw. jeweils monatlich 173,08 EUR für die Zeit seit Juli 2007. Zur Begründung führt der Beklagte aus, das AG sei für gewisse Zeiträume zu seinen Ungunsten von zu hohen Einkünften ausgegangen und habe den notwendigen Selbstbehalt zu Unrecht von 890 EUR bzw. 900 EUR auf 770 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II. Die Berufung hat Erfolg.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt gem. §§ 1601, 1602 BGB für die Zeit seit Juli 2007 i.H.v. jeweils monatlich 158,75 EUR für die am 10.11.1994 geborene J.-M. und 135,08 EUR für die am 6.10.1999 geborene R.

Daneben hat sie Anspruch auf Trennungsunterhalt gem. § 1361 Abs. 1 BGB i.H.v. insgesamt noch 115 EUR für den Zeitraum von August 2006 bis Juni 2007 sowie i.H.v. jeweils monatlich 173,08 EUR für die Zeit seit Juli 2007.

Es ergibt sich folgende Beurteilung und Berechnung.

1. 2006

Im relevanten Zeitraum des Jahres 2006, nämlich von August bis Dezember, ist das AG von unstreitigen Einkünften des Beklagten aus dem Bezug von Krankengeld i.H.v. monatlich rund 1.704 EUR ausgegangen. Soweit das AG zu der Einschätzung gelangt, die Parteien hätten sich bei Einbeziehung der im Sommer an den Beklagten geflossenen Sonderzahlung seines früheren Arbeitgebers i.H.v. 250 EUR auf einen um monatlich 15 EUR erhöhten Unterhaltsbetrag geeinigt - also 865 EUR statt 850 EUR - mit der Folge, dass der Beklagte neben der Zahlung des zwischen den Parteien vereinbarten Unterhaltsbetrages (Trennungs- und Kindesunterhalt) i.H.v. monatlich 850 EUR - den er unstreitig gezahlt hat, weitere 15 EUR monatlich, mithin 75 EUR (5 × 15 EUR) zu zahlen hat, folgt der Senat dem nicht. Bereits bei den vereinbarten monatlichen Zahlungen i.H.v. 850 EUR wird der notwendige Selbstbehalt des Beklagten i.H.v. 890 EUR nicht gewahrt. Insoweit ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien eine weitere Unterschreitung des Selbstbehalts gewollt hätten.

2. 2007

a) Januar 2007

Im Januar 2007 beläuft sich das Einkommen des Beklagten aus dem Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld auf insgesamt rund 1.603 EUR. Nach Abzug des von der Klägerin begehrten Kindesunterhalts i.H.v. 209,23 EUR für die am 10.11.1994 geborene J.-M. und 177,82 EUR für die am 6.10.1999 geborene R., der sich unterhalb der Zahlbeträge (316 EUR bzw. 257 EUR) der an sich einschlägigen 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle bewegt, verbleibt ein Betrag von 1.215,95 EUR. Für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin ist der Tabellenunterhalt nach der 3. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle i.H.v. 332 EUR und 282 EUR zu berücksichtigen, so dass noch ein Betrag von 989 EUR (1.603 EUR -332 EUR -282 EUR) verbleibt.

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