Leitsatz (amtlich)

Informiert der Versicherungsnehmer den Versicherer nach dem behaupteten Diebstahl seines Pkw nicht wahrheitsgemäß und vollständig über Abstellort, Vorschäden und Gesamtlaufleistung, wird der Versicherer von der Leistung frei.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 05.05.2006; Aktenzeichen 8 O 8/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.5.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des LG Hannover teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

Das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, Alt. 1, 546 ZPO). Auch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen die Entscheidung des LG nicht (§ 513 Abs. 1, Alt. 2 ZPO). Das Urteil stellt sich ferner nicht aus einem anderen Grund als richtig dar (§ 561 ZPO analog). Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Entschädigungsanspruch aus §§ 1, 49 VVG i.V.m. §§ 12, 13 AKB wegen des behaupteten Diebstahls seines Pkws Mercedes E 240 zu.

Es kann offen bleiben, ob der Kläger schon das äußere Bild eines Kraftfahrzeugdiebstahls nicht nachgewiesen hat, das regelmäßig den Schluss auf eine Entwendung zulässt, weil konkrete Tatsachen vorliegen, die ihn als unglaubwürdig erscheinen lassen (vgl. BGH v. 17.3.1993 - IV ZR 11/92, VersR 1993, 571), was der Senat ohne eine eigene persönliche Anhörung des Klägers i.S.v. § 141 ZPO - die Parteivernehmung des Klägers von Amts wegen durch das LG war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 448 ZPO verfahrensfehlerhaft - nicht zu beurteilen vermag. Ein Ersatzanspruch des Klägers entfällt hier nämlich schon deshalb, weil die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung der dem Kläger nach § 7 Ziff. I Nr. 2 S. 3 der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) obliegenden Aufklärungspflicht gem. § 7 Ziff. V Nr. 4 AKB i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG von ihrer etwaigen Leistungspflicht frei geworden ist.

1. Der Versicherungsnehmer ist nach Eintritt des Versicherungsfalls gem. § 7 Ziff. I Nr. 2 S. 3 AKB verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Hierzu gehört auch die Pflicht, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu unterrichten, die für die Feststellung und die Regulierung des Schadens von Bedeutung sind (vgl. Urteil des Senats vom 25.3.2004 - 8 U 225/02, veröffentlicht in: r + s 2006, 446, 447). Der Kläger hat diese Obliegenheit nach dem Eintritt des Versicherungsfalls hinsichtlich des Abstellorts (a), des Vorschadens vom 20.10.2003 (b) und der Gesamtlaufleistung seines Pkws (c) verletzt.

a) Der Kläger trägt vor, seinen Pkw Mercedes ... auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt zu haben, der sich am Kopf der Sackgasse L.-Straße zwischen der S.-Straße und der H. A. in H. befindet. Bei der dem behaupteten Diebstahlsereignis unmittelbar folgenden Anzeigenerstattung am 12.6.2004 gegen 2:30 Uhr auf der Polizeidienststelle A. W. hat er jedoch eine Ortsbeschreibung abgegeben, die den aufnehmenden Polizeibeamten als Abstellort "S..-Straße, Parkplatz hinter L." hat notieren lassen (Bl. 3 der zu Informationszwecken beigezogenen Ermittlungsakten 1533 UJs 353479/04 der Staatsanwaltschaft Hannover). In der am 17.6.2006, d.h. fünf Tage später ausgefüllten Schadenanzeige an die Beklagte hat der Kläger zum Abstellort mit dem Klammerzusatz "(habe Straßennamen vergessen)" schlicht auf den Polizeibericht verwiesen (Bl. 32 d.A.). Am 7.7.2004, also weitere 20 Tage später, hat er im ergänzenden Fragebogen der Beklagten deren Mitarbeiter D. W. als Abstellort wiederum "S.-Straße hinter dem Motorradhändler ... an der Straße abgestellt auf einem Parkplatz" (Bl. 216 d.A.) und "auf der Straße, hinter dem Motorradgeschäft" (Bl. 217 d.A.) eintragen lassen. Erst nachdem der Mitarbeiter W. den Hinterhof des Motorradgeschäfts L. besichtigt und festgestellt hatte, dass der Kläger dort sein Fahrzeug nicht abgestellt haben konnte, weil die Parkplätze nachts mit Sperrbügeln verschlossen sind, hat der Kläger diesem ggü. erklärt, er habe seinen Pkw nicht auf dem Hof der Firma L., sondern an der Straße auf einem Parkplatz abgestellt, zu dem man gelange, wenn man vom Lokal "B." an der H. A. aus gesehen in Richtung V.-Straße die erste Straße rechts einbiege und dann gleich wieder links fahre.

Anders als das LG meint, lässt sich dieses Verhalten in keiner Weise mit der Behauptung des Klägers vereinbaren, er habe schon einige Tage nach dem Diebstahl anlässlich der Überprüfung seiner polizeilichen Angaben festgestellt, dass der betreffende Parkplatz nicht in der S.-Straße, sondern an der Ecke L.-Straße/St.-Straße liege, sei daraufhin nochmals zur Polizei gegangen und habe einen anderen Polizisten auf den Fehler aufmerksam gemacht. Seiner Parteiaussage zufolge soll dies sog...

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