Normenkette
ZPO § 313a Abs. 1 S. 1, § 540 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 26.08.2021; Aktenzeichen 7 O 19/21) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. August 2021 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil und das landgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: Wertstufe bis 16.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung des Wertes zweier atypisch stiller Beteiligungen in Anspruch, welche er an einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der X... GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main, erworben hatte (Anl. K 3 und K 4, Bd. I, Bl. 57 und 59 d. A.) und mit von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß Schreiben vom 26. September 2018 (Anl. K 10, Bd. I, Bl. 58 und 60 d. A.) bestätigter Wirkung zum 31. Dezember 2018 bzw. 31. Dezember 2019 gekündigt hat. Weiter nimmt er die Beklagte auf Rückzahlung wegen dreier Genussrechtsbeteiligungen in Anspruch, welche er an einer anderen Rechtsvorgängerin der Beklagten, der ... AG mit Sitz in Österreich, erworben hatte (Anl. K 6, K 7 und K 8, Bd. I, Bl. 61 ff. d. A.) und mit von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß Schreiben vom 11. Oktober 2017 und 17. Oktober 2017 (Anl. K 10, Bd. I, Bl. 66, 68 und 69 d. A.) bestätigter Wirkung zum 31. Dezember 2018 bzw. 31. Dezember 2019 gekündigt hat. Mit Schreiben vom 14. Juni 2019 (Anl. K 16, Bd. I, Bl. 26 ff. d. A.) ließ der Kläger die Beteiligungen, hinsichtlich derer die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten den Wirkungszeitpunkt (erst) zum 31. Dezember 2019 bestätigt hatten, zusätzlich außerordentlich kündigen.
Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bd. I, Bl. 150 ff. d. A.) wegen der näheren Einzelheiten der tatbestandlichen Feststellungen, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat unter Bejahung seiner internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie einer wirksamen Klageerhebung der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat gemeint, dem Kläger stehe infolge der von ihm berechtigterweise erklärten Kündigungen seiner stillen Beteiligungen und Genussrechte ein Auszahlungs- bzw. Abfindungsanspruch gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Beteiligungsgesellschaften zu. Auch die zusätzlich erklärten außerordentlichen Kündigungen seien wirksam, weil die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten gegen ihre Verpflichtungen aus den Beteiligungsverträgen verstoßen hätten, indem sie die Beteiligungen zum Untergang gebracht hätten. Die Höhe des Anspruchs sei, der Auffassung des Klägers folgend, an den Nennbeträgen der Genussrechte bzw. den Einzahlungsständen der stillen Beteiligungen zu bemessen, weil die Beklagte zu hiervon abzugsfähigen Verlusten keinen überprüfbaren Vortrag gehalten habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Prozessziel vollständiger Klagabweisung weiterverfolgt. Sie hält die Rüge fehlender internationaler Zuständigkeit aufrecht und macht geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts sei auf den Streitfall österreichisches Recht anzuwenden. Die B-Anteile an der Beklagten, die dem Kläger, vermittelt durch einen Treuhänder, gewährt worden seien, seien den vormals gehaltenen und infolge der Verschmelzung surrogierten Genussrechten bzw. stillen Beteiligungen mindestens gleichwertig. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigungen des Klägers wirksam geworden seien, seien die Beteiligungen nämlich wertlos gewesen. Dies ergebe sich aus der Schlussbilanz der ehemaligen Genussrechts-Emittentin und sei auf kumulierte Jahresfehlbeträge der Emittentin zurückzuführen. Das negative Jahresergebnis zum 31. Dezember 2017 gehe der Höhe nach sogar über den Gesamtbetrag des Genussrechtskapitals hinaus. Dazu habe die Beklagte widerspruchsfrei vorgetragen, der Kläger hingegen habe dies nicht in entscheidungserheblicher Weise bestritten. Insgesamt habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten während der Laufzeit der Genussrechte bis zum 31. Dezember 2016 Verluste von rd. 58 Mio. EUR erwirtschaftet. Hinsichtlich des Wertes der Genussrechte müsse zwischen dem rechnerischen Wert im Sinne eines Marktwertes und dem Rückzahlungsbetrag im Sinne des Buchwertes differenziert werden. Die B-Anteile an der Beklagten seien deswegen, ungeachtet ihrer Unkündbarkeit und ihres Rücknahmepreises von nur 0,001 EUR je Anteil, den Genussrechten mindestens gleichwertig.
Hinsichtlich der Forderung des Klägers wegen der stillen Beteiligungen gelte, dass ein Anspruch auf "Einzahlungsstände" niemals bestehen könne, sondern allenfalls ein solcher auf Zahlung von Abfindungsguthaben. Insoweit fehle es jedoch an einer zuvor durchzuführenden Auseinandersetzung. Bevor der Kläger eine Leistungsklage erheben könne, habe er zudem zunächst ein Spruchverfahren anzustrengen. Auch hinsichtlich der stillen Beteiligungen gelte im Übrigen, dass dies...