Leitsatz (amtlich)
1. Wer vor dem Beschluss des BGH vom 2.6.2005 (BGH v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen), in dem die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft vom BGH erstmals anerkannt wurde, Klage gegen die einzelnen Wohnungseigentümer erhoben hat, genießt Vertrauensschutz; einer Klagänderung bedarf es nicht.
2. Ein Wohnungseigentumsverwalter ist ohne Bevollmächtigung nicht berechtigt, im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft Kredite aufzunehmen.
Eine Haftung des Verwalters nach § 179 BGB steht einer Inanspruchnahme der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Bank im Wege der (Leistungs-)Kondiktion nicht entgegen.
Normenkette
BGB §§ 179, 488, 812
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 18.10.2005; Aktenzeichen 5 O 175/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.10.2005 verkündete Teil-Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des LG Lüneburg wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin begehrte von den Beklagten, Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft H.-Straße in H.-O. ursprünglich den Ausgleich eines Kontokorrentkontos i.H.v. 11.461 EUR, außerdem Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 416,60 EUR.
Die WEG war Inhaberin eines Girokontos mit der Nr. 8009334 bei der Klägerin. Vertreten wurde die WEG von der H. & G.C. Verwaltungsgesellschaft mbH (s. Bl. 7 d.A.), der die Klägerin den Streit verkündet hat (Bl. 77).
Das Konto war 1998 von der Hausverwalterin eröffnet worden. Ab dem Jahr 2001 wurden keine Kontobewegungen mehr festgestellt. Der Soll-Saldo betrug zuletzt 11.461 EUR und wurde mit Schreiben der Klägerin vom 6.9.2004 zum 30.9.2004 fällig gestellt (Bl. 8 ff.).
Eine ausdrückliche Genehmigung der Kontoüberziehung durch die Beklagten erfolgte nicht. Die Mittel flossen der WEG zu. Die Verwalterin bereicherte sich daran nicht.
Am 17. und 19.5.2005 wurden je 2.850 EUR gezahlt. Der Erledigungserklärung der Klägerin vom 24.5.2005 insoweit (Bl. 40) schlossen sich die Beklagten an (Bl. 115 R.).
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagten hafteten aus dem Darlehensvertrag.
Nach Ansicht der Beklagten habe die Verwalterin keine Vollmacht gehabt, Darlehen aufzunehmen.
Die Beklagten haben behauptet, der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge S., habe bei einem Gespräch am 16.12.2002 erklärt, er werde sich mit der Verwalterin in Verbindung setzen und sich wieder melden, wenn er mit der Verwalterin keine Lösung der Angelegenheit herbeiführen könne, anderenfalls sei die Angelegenheit für die WEG erledigt.
Über das Vermögen der Beklagten zu 1) wurde durch Beschluss des AG Celle vom 18.4.2005 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet; insoweit war der Rechtsstreit unterbrochen (Beschluss des LG vom 9.6.2005, Bl. 56). Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 4.11.2005 (Bl. 124) die Klage gegen die Beklagte zu 1) sowie auch gegen die Beklagte zu 5) zurückgenommen.
Mit Teil-Urt. v. 18.10.2005 hat das LG die Beklagten zu 2), 3), 4), 6) und 7) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 11.461 EUR nebst Zinsen sowie weitere 416,60 EUR nebst Zinsen abzgl. gezahlter 2 × 2.850 EUR zu zahlen. Die Kostenentscheidung hat es dem Schlussurteil vorbehalten.
Aus der Antragstellung sei ersichtlich, dass die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft verklagt werden sollten. Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft stehe nicht entgegen.
Es könne dahinstehen, ob es zwischen den Parteien zum Abschluss eines Darlehensvertrages gekommen bzw. ob dieser genehmigt worden sei oder die Zahlungen als Anerkenntnis anzusehen seien, denn die der Höhe nach unstreitigen Ansprüche der Klägerin ergäben sich aus § 812 BGB.
Dagegen richten sich die Berufungen der Beklagten. Sie wiederholen und vertiefen ihren Vortrag erster Instanz.
Die Beklagten zu 3), 4), 6) und 7) weisen insb. auf das Gespräch mit dem Bankmitarbeiter Schulze hin, sowie darauf, dass die Beklagten erst mit Schreiben vom 6.9.2004 erfahren hätten, dass das Konto nicht ausgeglichen sei. Sie halten der Klägerin Verwirkung ihrer Ansprüche entgegen.
Der Beklagte zu 2) meint, es fehle an der Passivlegitimation der Beklagten. Für etwaige Schulden der Gemeinschaft könnten nach der neuesten Rechtsprechung des BGH nicht mehr sämtliche Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden.
Eine Haftung der Beklagten sei aber auch deswegen ausgeschlossen, weil ein Vertragsverhältnis ausschließlich zwischen der Klägerin und der Streitverkündeten zustande gekommen sei; letztere hafte zumindest aus § 179 BGB. Diese habe das Konto eingerichtet und auch überzogen. Eine Rechtsbeziehung zwischen den Parteien sei demgegenüber nicht zustande gekommen, sodass auch ein Anspruch aus § 812 BGB nicht in Betracht komme. Die Überziehung des Girokontos sei auch nicht genehmigt worden. Auch seien die tatsächlichen Voraussetzungen nach § 812 BGB nicht dargelegt.
Der Bek...