Leitsatz (amtlich)

1. § 593 a BGB erfasst auch die sogen. gleitende Hofübergabe.

2. Die bloße Verletzung der Benachrichtigungspflciht aus § 593 a Satz 2 BGB berechtigt den Verpächtzer grds. nicht zur fristlosen Kündigung des Pachtvertages nach §§ 594 e Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 593a, 594e

 

Verfahrensgang

AG Osterholz-Scharmbeck (Urteil vom 14.07.2000; Aktenzeichen 8 Lw 39/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Osterholz-Scharmbeck (Landwirtschaftsgerichts) vom 14. Juli 2000 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, folgendes Grundstück zu räumen und sofort geräumt an den Kläger herauszugeben:

Gemarkung …, Flur … Flurstück …, Ackerland, Heide, Nadelwald, groß 62.120 qm.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 47 % und der Beklagte 53 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer für den Kläger: unter 60.000 DM.

 

Gründe

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Der Kläger kann den Beklagten nicht auf Räumung und Herausgabe der gepachteten Grundstücke in … in Anspruch nehmen. Denn die von ihm unter dem 17. März 1999 ausgesprochene fristlose Kündigung des Pachtvertrages, bezogen auf die ihm gehörenden Flächen in …, ist mangels Bestehens eines Kündigungsgrundes unwirksam.

Der Kläger ist nicht berechtigt, das Pachtverhältnis gemäß §§ 594 e Abs. 1, 553 BGB wegen unerlaubter Nutzungsüberlassung an Dritte (§ 589 BGB) fristlos zu kündigen. Zwar hat der Beklagte ohne Einwilligung des Klägers seinen Sohn die gepachteten Flächen zur Bewirtschaftung überlassen. Dies stellt hier aber keine unerlaubte Nutzungsüberlassung dar, weil die Überlassung der Pachtflächen im Rahmen der Betriebsübergabe erfolgt ist, wofür gemäß § 593 a BGB eine Zustimmung des Verpächters nicht erforderlich ist.

§ 593 a BGB erfasst nach seinem Wortlaut zwar lediglich die Betriebsübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, nach der das Vermögen zu Lebzeiten des Eigentümers mit Rücksicht auf die künftige Erbfolge übertragen wird. Unter die Vorschrift des § 593 a BGB fällt aber auch die sogen. gleitende Hofübergabe (vgl. OLG Celle, AgrarR 1991, S. 350; Lange/Wulff/LüdtkeHandjery, Landpachtrecht. 3. Aufl., zu § 593 a BGB, Rdnr. 7; Soergel, BGB, 12. Aufl., zu § 593 a Rdnr. 5).

Diese ist vorliegend gegeben. Der Beklagte hat seinen Sohn vertragsgemäß zu seinem Hoferben bestimmt und ihm im Hinblick hierauf die Bewirtschaftung seines Betriebes einschließlich der zugepachteten Grundstücke zum 1. Juli 1998 übertragen; zugleich hat er sich vertraglich zum Abschluss eines Hofübergabevertrages verpflichtet.

Die fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses lässt sich auch nicht auf §§ 594 e Abs. 1, § 554 a BGB wegen Verletzung der Benachrichtigungspflicht des § 593 a Satz 2 BGB stützen. Zwar ist der Beklagte der aus § 593 a BGB folgenden Verpflichtung, den Kläger unverzüglich von der Betriebsübergabe zu unterrichten, nicht nachgekommen. Er vermochte seine Behauptung nicht zu beweisen, dass er den Kläger im Juli 1998 von der Übertragung seines landwirtschaftlichen Betriebes auf seinen Sohn telefonisch in Kenntnis gesetzt hatte. Die Verletzung der Benachrichtigungspflicht berechtigt den Verpächter grundsätzlich aber nicht zur fristlosen Kündigung des Pachtvertrages (vgl. OLG Celle, AgrarR 1991, S. 350/351; Lange/Wulff/LüdtkeHandjery, Landpachtrecht, 3. Aufl., zu § 593 a BGB, Rdnr. 16; Soergel, BGB, 12. Aufl., zu § 593 a, Rdnr. 22).

Die von Faßbender, Landpachtrecht, zu § 593 a BGB, Rdnr. 32, vertretene Ansicht, der sich Voelskow in Münchner Kommentar, 3. Auflage, zu § 593 a BGB, Rdnr. 4, angeschlossen hat, wonach die unterlassene Benachrichtigung die unerlaubte Nutzungsüberlassung zur Folge haben soll, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil der Übernehmer kraft Gesetzes ohne Zustimmung des Verpächters gemäß § 593 a BGB in den Pachtvertrag eintritt. Die Benachrichtigungspflicht des Pächters dient lediglich dazu, den Verpächter in die Lage zu versetzen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung des Pachtverhältnisses nach § 593 a Satz 3 BGB gegeben sind.

Eine fristlose Kündigung des Pachtvertrages wegen unterbliebener Benachrichtigung kommt deshalb nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Recht des Verpächters zur Kündigung nach § 593 a Satz 3 BGB unterlaufen worden ist und hierdurch ein Schaden eingetreten ist bzw. berechtigte Interessen des Verpächters gefährdet sind. Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte. Insbesondere behauptet der Kläger selbst nicht, dass die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 593 a Satz 3 BGB vorgelegen haben, weil eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Pachtsache durch den Sohn des Beklagten als neuen Pächter nicht gewährleistet ist. Er weist lediglich darauf hin, dass der Beklagte die Pacht für das Grundstück in … nicht gezahlt habe. Diese Vertragsverletzung des Beklagten ist vorliegend aber unbeachtlich. Da nunmehr der Sohn des...

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