Verfahrensgang
LG Lüneburg (Entscheidung vom 08.12.1998; Aktenzeichen 5 O 267/98) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Dezember 1998 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000 DM abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Spar- und Darlehenskasse zu leisten.
Wert der Beschwer für den Kläger: 27.554,40 DM.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der am 2. Januar 1983 geborene Kläger nimmt den am 23. Oktober 1982 geborenen Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Folge einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien in Anspruch, die sich am 7. Mai 1997 zu Beginn des Sportunterrichts der Klasse 8 a der Realschule L., die beide Parteien besuchten, ereignet hat.
Vor Beginn des eigentlichen Sportunterrichts setzten sich die Schüler - wie üblich - auf die in der Sporthalle vorhandenen niedrigen (Fuß-)Bänke. Der Beklagte wollte sich zwischen den bereits sitzenden Kläger und den Mitschüler S. S. setzen, was ihm jedoch nicht möglich war, weil - was streitig ist - der Platz nicht ausreichte oder weil der Kläger den Beklagten durch Ausstrecken und Ausbreiten der Beine daran hinderte. Der Beklagte versetzte daraufhin dem Kläger einen Fußtritt, der diesen im Genitalbereich traf.
Zwei Tage nach Vorfall begab sich der Kläger in ärztliche Behandlung. Nach Feststellung einer Hodentorsion rechts wurde der rechte Hoden operativ entfernt und der linke Hoden zur Verhinderung einer künftigen Torsion fixiert.
Im Hinblick auf die §§ 104 ff. SGB VII hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dabei behauptet er, dass der Beklagte ihn gezielt und bewusst in den Genitalbereich getreten und hierbei eine mögliche schwere Verletzung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen habe. Eine Haftungsprivilegierung scheidet daher aus. Aber selbst wenn man einen Vorsatz des Beklagten hinsichtlich des Verletzungserfolges nicht bejahe, scheitere eine Anwendung der §§ 104 ff. SGB VII daran, dass seit der Einführung dieser Vorschriften die zu den §§ 636 ff. RVO entwickelten Grundsätze nicht mehr anwendbar seien und es für eine Haftung ausreiche, wenn sich der Vorsatz des Schädigers auf die Verletzungshandlung erstrecke. Im Übrigen fehle dem Vorfall auch jede Schulbezogenheit, sodass schon deshalb die §§ 104 ff. SGB VII nicht einschlägig seien.
Der Kläger beantragt,
1.
unter Abänderung des am 8. Dezember 1998 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg - 5 O 267/98 -
a)
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen;
b)
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger 554 DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen;
c)
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden, die auf dem Vorfall vom 7. Mai 1997 in der Sporthalle der Realschule L. beruhen, bei dem der Beklagte den Kläger mit einem Tritt in die Genitalien verletzte, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;
2.
für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung dem Kläger zu gestatten, Sicherheit im Form, der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Spar- und Darlehenskasse zu leisten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und die Bürgschaft einer Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse als Vollstreckungssicherheit zuzulassen.
Er behauptet, dass er den Kläger lediglich gegen das Schienbein habe treten wollen, damit dieser ihm Platz mache. Eine Verletzung des Klägers habe er weder beabsichtigt noch vorhergesehen. Daher greife zu seinen Gunsten die Haftungsprivilegierung ein, weil ihm jedenfalls hinsichtlich des Verletzungserfolges der Vorsatz gefehlt habe.
Vorsorglich bestreitet er einen Zusammenhang zwischen dem Vorfall und der operativen Hodenentfernung, die zahlreiche - insbesondere anlagebedingte - andere Ursachen haben könne. Gegen einen Zusammenhang spreche auch der Umstand, dass sich der Kläger erst zwei Tage nach dem Vorfall in ärztliche Behandlung begeben habe.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Beklagten als Partei; auf die prozessleitende Verfügung vom 25. August 1999 (Bl. 117 d.A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. September 1999 (Bl. 126 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Dem Kl...