Leitsatz (amtlich)
Die Vermutung, der wirtschaftlich krass überforderte Ehegatte habe eine Mitverpflichtung als Darlehensnehmer aus emotionalen Gründen übernommen, ist dann nicht gerechtfertigt, wenn sich die Ehegatten im Zeitpunkt der Mithaftungserklärung bereits getrennt hatten und die Mitverpflichtung dazu dient, die finanziellen Mittel zu beschaffen, die die räumliche Trennung der Ehegatten erst ermöglichen.
Normenkette
BGB §§ 138, 488
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 13.08.2009) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 13.8.2009 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Hannover wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein 61 jähriger, pensionierter Polizeibeamter, begehrt von der Beklagten die Rückgewähr von Zahlungen, die er auf zwei Darlehensverträge erbracht hat.
Der Kläger und seine im April 2003 verstorbene Ehefrau hatten im Jahr 1994 in S. eine Immobilie erworben, die sie gemeinsam nutzten und deren gemeinsame Eigentümer sie waren. Der Kaufpreis für dieses Haus war über die Beklagte finanziert worden. Der Wert des Hausgrundstücks soll sich nach einem Gutachten aus dem Jahr 2001 auf 530.000 DM belaufen haben. Die damalige Belastung betrug 430.000 DM.
Anfang des Jahres 2000 trennte sich die Ehefrau des Klägers von diesem. Am 8.2.2001 wurde die Scheidung der Ehe beantragt. Zu einer Fortführung des Scheidungsverfahrens kam es jedoch nicht, vielmehr wurde der Scheidungsantrag zurückgenommen, nachdem sich Anfang des Jahres 2001 eine aggressive Krebserkrankung der Ehefrau des Klägers herausgestellt hatte. Unabhängig hiervon zog die Ehefrau aus der gemeinsamen Immobilie in S. aus und kaufte sich im Mai 2001 ein eigenes Haus in N., dessen Alleineigentümerin sie wurde. Auch der Erwerb dieser Immobilie wurde über die Beklagte finanziert, und zwar mittels zweier Darlehensverträge über 252.000 DM (Darlehensvertrag Nr ... 51) sowie über 40.000 DM (Darlehensvertrag Nr ... 52). Der Kläger hat beide Darlehensverträge als Gesamtschuldner mitunterzeichnet.
Zeitgleich veranlasste der Kläger die interne Umschuldung des Kreditengagements für die weiter von ihm genutzte Immobilie in S., wobei neben einem weiter bestehenden Darlehen des Klägers über 190.000 DM, das durch einen im Januar 2001 mit seinerzeit 90.000 DM angesparten Bausparvertrag getilgt werden sollte, ein Darlehensvertrag über 330.000 DM geschlossen wurde. Sowohl dieser als auch die das Hausgrundstück der Ehefrau betreffenden Darlehensverträge wurden am 8.8.2001 ausgefertigt. Ob aus dem für die Immobilie für S. geschlossenen Vertrag ein Betrag von 50.000 DM an den Notar P. zur teilweisen Kaufpreiszahlung für das Grundstück der Ehefrau abgezweigt wurde, ist streitig. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Darlehensverträge verfügte die Ehefrau des Klägers über kein geregeltes Einkommen; sie erhielt jedoch Pflegegeld für Pflegekinder sowie Kindergeld i.H.v. insgesamt ca. 2.500 DM. Der Kläger selbst war als Polizeibeamter tätig und bezog ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 5.130,67 DM, wobei er drei Personen unterhaltspflichtig war.
Nach dem Tod seiner Ehefrau im Jahr 2003 beantragte der Kläger die Übernahme der zu den Darlehensverträgen abgeschlossenen Bausparverträge. Dem stimmte die Beklagte zu. In der Folgezeit erbrachte der Kläger von Mai 2003 bis Dezember 2007 Zahlungen auf die Darlehensverträge. Diese Zahlungen, die er mit insgesamt 56.197,72 EUR beziffert hat, verlangt er mit der vorliegenden Klage zurück.
Bereits im Jahr 2005 war es wegen der Doppelbelastung des Klägers mit den Darlehensverträgen für beide Immobilien zu Zahlungsstockungen gekommen, woraufhin die Beklagte zunächst Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger einleitete. Die hierauf vom Kläger beauftragten Rechtsanwälte konnten zunächst ein Stillhalteabkommen mit der Beklagten erzielen; die für deren Tätigkeit entstandenen Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 1.861,57 EUR sind ebenfalls Gegenstand der Klage. Darüber hinaus machten die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten geltend, dass sie die Mithaftung des Klägers für die zur Finanzierung der Immobilie der Ehefrau aufgenommenen Darlehen für sittenwidrig und nichtig hielten. Die Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 29.11.2007, nochmals bestätigt mit Schreiben vom 5.2.2008, dass sie nach eingehender Prüfung der Darlehensabwicklung den Kläger aus der gesamtschuldnerischen Haftung für die Darlehensverträge mit den Endziffern 51 und 52 entlasse.
Dem nunmehr geltend gemachten weitergehenden Anspruch auf Rückerstattung der auf die genannten Darlehen geleisteten Zahlungen ist die Beklagte mit der Auffassung ent...