Leitsatz (amtlich)

1. Die Berufung des Hauptunternehmers auf fehlende Prüffähigkeit der Schlussrechnung des Subunternehmers kann nachträglich zur unzulässigen Rechtsausübung werden, wenn der Hauptunternehmer aus vertraglicher Kooperationspflicht gehalten ist, dem Subunternehmer spätere Massenermittlungen mit der Bauherrin zur Verfügung zu stellen, die der Hauptunternehmer seiner eigenen Schlussrechnung zugrunde gelegt hat.

2. An eine Handhabung während der Bauzeit, tägliche Feldaufmaßblätter als Nachweis von Stundenlohnarbeiten des Subunternehmers entgegenzunehmen, die inhaltlich von den vertraglichen Nachweisanforderungen abweichen und zudem nur von Mitarbeitern einer seitens der Bauherrin beauftragten Bauleitungsfirma abgezeichnet sind, bleibt der Hauptunternehmer im Rechtsstreit mit dem Subunternehmer gebunden.

 

Normenkette

VOB/B §§ 14-16

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 29.12.2011; Aktenzeichen 4 O 274/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 29.12.2011 unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 76.690,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger 55 % und die Beklagte 45 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch die Beklagte abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für die Parteien: jeweils über 20.000 EUR.

 

Gründe

Der Kläger verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn aus Nachunternehmerleistungen für die Beklagte beim Bauvorhaben E. B.

Die Beklagte ihrerseits schloss unter dem 19.7.2006 einen VOB-Bauvertrag mit der D. AG über Kabeltiefbauarbeiten dieses Bauvorhabens zu einer Netto-Angebotssumme von 1.997.425,21 EUR (§ 4 des Vertrages, Bl. 3 ff. Anlagenhefter B zum Schriftsatz vom 11.1.2013). Über einen Teil ihrer Leistungen unterbreitete die Beklagte unter dem 4.5.2007 dem Kläger ein Angebot (Bl. 19 bis 21 d.A.) zur Übernahme als Subunternehmer. Das führte zum Abschluss eines schriftlichen Subunternehmervertrages zwischen den Parteien gemäß Anlage K 1 (Bl. 5 f. d.A.) mit Vertragsbedingungen nach Maßgabe des Vertrages der Beklagten mit der D. AG. Unter dem 11.6.2007 gab die Beklagte gegenüber dem Kläger ein geändertes Übernahmeangebot gemäß Leistungsverzeichnis Bl. 22 bis 28 d.A. ab, das mit einem Netto-Angebotspreis von 134.722,85 EUR abschloss und weitere Leistungspositionen gemäß "Nachtrag 2" enthielt (Bl. 23 f. d.A.), die den Leistungspositionen 02.03 f. des 2. Nachtragsangebotes der Beklagten an die D. P. GmbH vom 6.9.2006 (Anlagenhefter B) entsprachen. Das Angebot der Beklagten vom 11.6.2007 wurde unstreitig Basis des Subunternehmerauftrages zwischen den Parteien. Die D. P. GmbH war nach dem Bauvertrag zwischen der Beklagten und der D. AG die vertragsabwickelnde Stelle. Projektleiter der D. P. GmbH für dieses Bauvorhaben war deren Mitarbeiter B. Gemäß der in den Vertragsunterlagen zwischen der Beklagten und der D. vereinbarten "Verantwortlichkeiten" (Bl. 113 d.A.) waren für die Bauüberwachung, die Sicherungsüberwachung und bei Arbeiten in der Nähe von Oberleitungsanlagen die "technisch Berechtigten" zuständig. Dabei handelte es sich um die in den Vertragsunterlagen Bl. 108 d.A. bezeichneten Mitarbeiter der B. GmbH.

Die Bauausführung brachte, auch im Verhältnis der Beklagten zur D. AG, zahlreiche Auftragserweiterungen und große Massenmehrungen bei den ursprünglichen Leistungspositionen. Ferner bat die Beklagte den Kläger um personelle Hilfe für die eigenen, nicht an den Kläger weitergegebenen Leistungspositionen. Der Kläger stellte für diese Hilfeleistungen Personal ab; die zur Durchführung dieser Hilfeleistungen erforderlichen Maschinen und Geräte stellte die Beklagte zur Verfügung mit Ausnahme von Lkws für Fuhrleistungen im Rahmen der Erd- und Räumarbeiten, die der Kläger ebenfalls stellte. Der Kläger hielt die Leistungen seiner Mitarbeiter täglich fest auf Formularblättern der Beklagten, die mit "Feldaufmaßblatt" bezeichnet waren (Leitz-Ordner sowie Sonderband). Für den Kläger unterzeichneten diese Feldaufmaßblätter in der ersten Zeit der Baumaßnahme der Bruder des Klägers, dann der Kläger selbst. Für den Auftraggeber unterzeichneten die in den Vertragsunterlagen zwischen der Beklagten und der D. AG bezeichneten Mitarbeiter der B. GmbH, überwiegend der Mitarbeiter W. ...

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