Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 25.01.2011; Aktenzeichen 14 O 236/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Januar 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover teilweise geändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.390,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juni 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 75 %, die Beklagten zu 25 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 16 %, die Beklagten zu 84 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Landgerichtes kommt eine alleinige Haftung des Klägers für das Fahrverhalten des Fahrers seines Pkw S. nicht in Betracht.

1. Das Unfallgeschehen vom 27. Mai 2009 war weder für den Zeugen S. noch für den Beklagten zu 1 unabwendbar. Hinsichtlich des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges steht dies nicht im Streit. Aber auch die Beklagten können die Unabwendbarkeit der Kollision für den Beklagten zu 1 nicht beweisen. Zwar hat der Zeuge F. bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht (Bl. 139 d. A.) angegeben, der Beklagte zu 1 sei angesichts des abrupten Herüberziehens des klägerischen Fahrzeuges auf die linke Fahrspur der A 2 chancenlos gewesen. Hieraus lässt sich indes noch nicht die Unabwendbarkeit des Unfallereignisses für den Beklagten zu 1 ableiten. Der Beklagte zu 1 hat sich nämlich nicht wie ein Idealfahrer verhalten. Dieser hätte in etwa die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h eingehalten oder jedenfalls nicht wesentlich überschritten, sodass auch bei einem plötzlichen Spurwechsel seitens des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges lediglich der Geschwindigkeitsüberschuss durch ein Abbremsen zu kompensieren, keineswegs hingegen eine Vollbremsung auf Null erforderlich gewesen wäre. Wie bereits in dem Beschluss des Senates vom 10. März 2011 (Bl. 192 f. d. A.) näher dargelegt, bezog sich hingegen die Äußerung des Zeugen F. auf die tatsächlich von dem Beklagten zu 1 gefahrene deutlich höhere Geschwindigkeit.

2. Gemäß § 17 Abs. 1 StVG hängt damit die Verpflichtung zum Schadensersatz im Verhältnis der Fahrzeuge zueinander sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

a) Im Rahmen dieser Abwägung hat das Landgericht grundsätzlich zutreffend ein schwerwiegendes Verschulden des Fahrers des klägerischen Pkw, des Zeugen S., durch Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO festgestellt. Danach darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Der Zeuge S. hat indessen den Spurwechsel von der mittleren auf die linke Spur zum einen ohne erkennbaren Grund vorgenommen. Insbesondere befand sich vor ihm nicht, wie ursprünglich vom Kläger behauptet, ein Lkw. Das haben die Zeugen K. und F. bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht eindeutig bekundet, ohne dass ihren Angaben die Aussage der Zeugin S. entgegensteht. Diese hat nämlich aufgrund ihrer schweren Verletzungen an das Unfallgeschehen praktisch keine Erinnerung.

Der Zeuge S. hat nach der Aussage des Zeugen F. seinen Fahrspurwechsel zum anderen zumindest nicht rechtzeitig angezeigt. Der Zeuge F. hat nämlich angegeben:

„Ich habe ein Blinken bei dem Mazda nicht gesehen. Wenn ein längeres Blinken gewesen wäre, wäre es mir sicher aufgefallen. Ein kurzes Blinken kann ich nicht ausschließen, gesehen habe ich aber definitiv kein Blinken.”

b) Demgegenüber vermag der Kläger ein unfallursächliches Verschulden des Beklagten zu 1 nicht zu beweisen. Insoweit steht lediglich das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit in Rede, das nach herrschender Rechtsprechung jedoch kein Verschulden begründet. Dass der Beklagte zu 1 darüber hinaus etwa verspätet oder fehlerhaft auf den Fahrspurwechsel des Pkw des Klägers auf die linke Spur reagiert hätte, ist nicht feststellbar. Die Aussage des Zeugen F. spricht vielmehr dagegen. Wie bereits dargestellt, war der Unfall nach seiner Einschätzung für den Beklagten zu 1 unter den konkreten Umständen nicht vermeidbar. Er habe zwingend auf den Mazda des Klägers auffahren müssen (Bl. 139 d. A.).

Der Beklagte zu 1 hat aber die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h deutlich überschritten. Aus den Aussagen der Unfallzeugen sowohl in der beigezogenen Ermittlungsakte 7081 Js 69781/09 StA Hannover als auch aus der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1 sehr viel schneller als die auf der mittleren Spur mit ca. 120 km/h fahrenden Pkw heran „schoss”.

Das ergibt sich aus der Aussage des Zeugen F. vor dem Landgericht, der angegeben hat, er habe den BMW des Beklagten zu 1 „mit sehr hoher Geschwindi...

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