Leitsatz (amtlich)

Zwar ist nach § 17 Abs. 2 ARB ein Stichentscheid dann bindend, wenn er nicht offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweicht. Die Frage der erheblichen Abweichung stellt sich aber nicht, wenn es an einer abschließenden Stellungnahme fehlt. Dies ist der Fall, wenn hervorgehoben wird, dass es sich nur um einen "vorläufigen Stichentscheid" handele.

 

Normenkette

ARB § 17 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Aktenzeichen 6 O 367/07)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 23.9.2011 bleibt aufrechterhalten.

2. Der Kläger hat auch die weiteren Kosten der Berufungsinstanz zu tragen.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Zwischen den Parteien bestand in der Zeit vom 30.9.1988 bis zum 1.1.1994 eine Rechtsschutzversicherung, der die ARB der Beklagten zugrunde lagen (Bl. 64 oben/107 ff.), und aus der der Kläger die Klage auf Deckungsschutz für die klagweise Durchsetzung behaupteter Ansprüche gegen die M. Bank als auch gegen die Banque C. (B..), beide geschäftsansässig in L., herleitet.

Seit 1989 unterhielt der Kläger Geschäftsbeziehungen zur M. Bank (Bl. 21), später auch zur B. Im Laufe des Jahres 1992 kam es zwischen dem Kläger und den beiden genannten Banken zum Streit über die Frage des Anfallens von Gebühren u.a. (Bl. 30 ff. = Bl. 288 ff., Bl. 274 ff. sowie Anlagenband).

Gemäß Schreiben vom 4.1.1996 (vgl. Bl. 76) gewährte die Beklagte Versicherungsschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung und zahlte im Juli 1997 einen Kostenvorschuss i.H.v. 2.000 DM. Eine Kostenzusage für die gerichtliche Interessenwahrnehmung wurde verweigert (s. Bl. 76 ff., 79 ff. mit Hinweis auf die Möglichkeit eines Stichentscheids sowie - nach Erhallt eines vom Kläger in Auftrag gegebenen "Stichentscheids" der Rechtsanwälte R., Bl. 83 ff. - Bl. 98 ff.). Die Beklagte begründete die Ablehnung damit, dass offen sei, welches Gericht zuständig sei, der Schaden nicht nachvollziehbar sei, der Kläger keine Information zum l. Recht vorgelegt habe und die Frage der Verjährung der Ansprüche ungeklärt sei.

Das LG hat gemäß Beschluss vom 3.12.2008 (Bl. 258 f.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers (Bl. 323 ff.). Es hat außerdem den Kläger persönlich angehört (ebenda). Das LG hat weiter Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 8.4.2009 (Bl. 344 f.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gem. § 293 ZPO, das der Rechtsanwalt Dr. K. aus L. unter dem 5.11.2009 vorgelegt (Bl. 359 ff.) und unter dem 17.12.2010 ergänzt hat (Bl. 417 ff.).

Mit am 11.5.2011 verkündetem Urteil hat das LG sodann die Klage abgewiesen. Voraussetzung für die Erteilung einer Deckungszusage sei die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage. Daran fehle es vorliegend aufgrund der offensichtlichen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche. Aus dem Sachverständigengutachten ergebe sich eindeutig, dass gem. Art. 189 des Luxemburgischen Handelsgesetzbuchs eine verkürzte 10-jährige Verjährungsfrist gelte. Der Einwand des Klägers, dass eine Entscheidung des Kassationshofes zu der gestellten Rechtsfrage nicht vorliege, verfange nicht, weil nach Angaben des Sachverständigen die meisten Rechtsfragen in Luxemburg nicht von der Rechtsprechung des Kassationshofes gedeckt seien. Zwar handele es sich bei der Verjährung um eine Einrede; dass diese erhoben werde, erscheine jedoch sicher.

Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter Aufrechterhaltung seiner Klageforderungen, gerichtet auf Gewährung bedingungsgemäßen Rechtsschutzes, sowie auf die Zahlung außergerichtlicher Kosten.

Der Kläger weist darauf hin, dass es eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Verjährung eines Anspruchs eines Verbrauchers gegen eine Bank nicht gebe. Wie bei § 114 ZPO habe zu gelten, dass dann, wenn eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, allein deswegen nicht von fehlender Erfolgsaussicht ausgegangen werden dürfe.

Weiter verweist der Kläger auf ein Urteil eines Bezirksgerichts, das der Sachverständige zu Unrecht abgetan habe; dort sei es um einen Streit zwischen zwei Handelsgesellschaften gegangen. Selbst für diesen Fall habe das Gericht nicht die Verjährungsfrist von zehn, sondern die allgemeine von 30 Jahren angewandt. Die Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Banken wäre überdies treuwidrig. Wegen der Unterbrechung der Verjährung durch die Aufforderung des Klägers an die Banken zur Erteilung von Auskünften sowie zur Begleichung von Schadensersatzforderungen hätten die Banken Kenntnis von einem möglichen Rechtsstreit gehabt, so dass der Schutzzweck des Gesetzes, nach zehn Jahren die Unterlagen vernichten zu können, nicht eingreife.

Der Kläger hat anfangs beantragt,

I. das Urteil des LG Hannover vom 11.5.2011 - 6 O 367/07, aufzuheben,

II. die Beklagte zu verurteilen, bedingungsgemäß Rechtsschutz zu gewähren, für das gegen die M. Ban...

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