Leitsatz (amtlich)
1. Die Feststellung, dass eine Forderung durch Aufrechnung erloschen ist, kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
2. Der Auftraggeber darf mit seinem Vorschussanspruch gegen den Werklohnanspruch des Unternehmers aufrechnen.
3. Die Aufrechnung ändert nichts daran, dass über den Vorschuss abzurechnen ist und sich sodann ein Rückforderungsanspruch wegen Überzahlung ergeben kann.
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 14 O 4/20) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten zu 2 gegen das am 17. März 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 54 % und die Beklagte zu 2 zu 46 %. Die durch die Streithilfe verursachten Kosten im Berufungsverfahren trägt die Streithelferin.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 121.000 EUR festgesetzt, und zwar für die Berufung der Beklagten zu 1 auf 80.666,66 EUR und für die Berufung der Beklagten zu 2 auf 40.333,34 EUR.
Gründe
A. Die Beklagte zu 2 wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Feststellung des Landgerichts, die Werklohnforderung der Beklagten zu 2 aus der Schlussrechnung vom 11. April 2016 sei in Höhe von 40.333,34 EUR erloschen.
Die Klägerin verlangt Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten bei ihrem Bauvorhaben Bahnhofsrampe Ost in Neustadt am Rübenberge.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 1 mit der Planung und Bauleitung der Betonsanierungs- und Pflasterarbeiten dieses Bauvorhabens.
Mit Auftragsschreiben vom 29. Juli 2014 beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 2 mit der "Erneuerung der Treppenanlagen, des Belages und der Deckbeschichtung der Trogwände" bei diesem Bauvorhaben gemäß Angebot vom 1. Juli 2014 unter Einbeziehung der VOB/B (Anlage B2-1 Anlagenband Beklagte zu 2).
Die Beklagte zu 2 beauftragte ihre Streithelferin als Subunternehmerin.
Mit Antwortschreiben vom 7. August 2015 (Anlage B2-3 Anlagenband Beklagte zu 2) verweigerte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 die Abnahme, verwies auf 39 Mängel und kündigte die Einholung eines Gutachtens an.
Die Klägerin übersandte mit Anwaltsschreiben vom 15. Januar 2016 (Anlage B2-4 Anlagenband Beklagte zu 2) den beiden Beklagten das Gutachten des Diplom-Ingenieurs D. K. vom 11. Januar 2016 zu den gerügten Mängeln und leitete mit Antragsschrift vom 27. April 2016 gegen die beiden Beklagten das selbstständige Beweisverfahren vor dem Landgericht Hannover zu 12 OH 2/16 ein, in dessen Auftrag der Diplom-Ingenieur A. H. M. sein Gutachten vom 9. Mai 2017 und sein erstes Ergänzungsgutachten vom 25. Oktober 2017 erstellte. In der öffentlichen Sitzung vom 14. Februar 2018 des Landgerichts Hannover zu 12 OH 2/16 erfolgte eine Anhörung des Sachverständigen M. (Bl. 226-231, Bd. II der Beiakten 12 OH 2/16 Landgericht Hannover), anschließend eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen M. mit Schreiben vom 30. Mai 2018.
Mit Schlussrechnung vom 11. April 2016 (Anlage B2-2 Anlagenband Beklagte zu 2) verlangte die Beklagte zu 2 von der Klägerin Werklohn in Höhe von 606.661,27 EUR und unter Abzug der bereits erfolgten Zahlungen den Restbetrag in Höhe von 46.661,28 EUR. Die Rechnungsprüfung der Klägerin ergab am 10. Mai 2016 einen Werklohn in Höhe von 605.956,13 EUR und eine verbleibende Restforderung von 45.956,13 EUR.
Mit der Klage hat die Klägerin Vorschuss zur Mängelbeseitigung gemäß Begutachtung in Höhe von 121.000,00 EUR verlangt, und zwar im Verhältnis von 2/3 wegen der Planungsfehler und von 1/3 wegen der Ausführungsfehler / mangelhafter Bauüberwachung. Dementsprechend hat sie Zahlung von der Beklagten zu 1 in Höhe von 80.666,66 EUR (= 2/3 von 121.000,00 EUR) nebst Zinsen und gegenüber der Beklagten zu 2 Feststellung verlangt, dass deren Werklohnforderung aus der Schlussrechnung vom 11. April 2016 in Höhe von 40.333,34 EUR (= 1/3 von 121.000,00 EUR) erloschen ist, weil sie sich den Werklohnanspruch der Beklagten zu 2 auf den Kostenvorschuss anrechnen lasse, was der Beklagten zu 1 als Gesamtschuldnerin zugutekomme (§ 422 Abs. 1 BGB).
Sie hat geltend gemacht, die Beklagten seien aufgrund der festgestellten Planungs- und Ausführungsmängel zur Übernahme der Kosten für die Mängelbeseitigung verpflichtet, die Beklagte zu 1 zu 2/3 (Planungsfehler) allein und die Beklagten zu 1 und 2 zu 1/3 als Gesamtschuldner wegen der Ausführungsfehler und wegen mangelhafter Bauüberwachung.
Die Beklagten haben Klagabweisung beantragt und die Beklagte zu 1 widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten zu 1 restlichen Werklohn in Höhe von 12.193,25 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte zu 1 hat geltend ge...